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Arnold Gjergjaj:”Die Faust brauche ich nur im Ring”

Exklusiv-Interview mit dem albanoschweizerischen Boxer Arnold Gjergjaj

Arnold Gjergjaj scheint keinen Gegner zu kennen. In 24 Profiboxkämpfen trug er 24 Siege davon, 18 durch KO. Seinen letzten Kampf gewann er gegen den argentinischen Boxer Emilio Ezequiel Zarate. Der Boxer aus Gjakova, der unter dem Spitznamen „The Cobra“ bekannt ist, gilt in der Schweiz und in albanischsprachigen Gefilden zurzeit als bester Boxer im Schwergewicht. In einem Exklusiv-Interview für albinfo.ch  spricht Gjergjaj über seine Kindheit, die Emigration in die Schweiz, die Schwierigkeiten auf dem Weg zum Erfolg, und von seinem Traum, eines Tages Weltmeister im Profiboxen im Schwergewicht zu werden.

albinfo.ch: Arnold, Siegen im Ring ist für dich inzwischen zur Routine geworden. Du scheinst keinen Gegner zu kennen?

Arnold Gjergjaj: Ich steige immer mit dem Gedanken an den Sieg in den Ring. Ich bereite mich gewissenhaft auf jeden Kampf vor und bin auf die volle Kampfdistanz eingestellt, körperlich wie psychisch, unabhängig wie der Gegner aussieht.

albinfo.ch: Was braucht ein Boxer, um Erfolg zu haben?

Arnold Gjergjaj: Er sollte alle Attribute haben. Kraft, Technik, Intelligenz, ein grosses Herz und ein gutes Team. Mir hat Gott die Kraft geschenkt, doch ich arbeite täglich viel dafür, um die Kondition in Form zu halten und mich weiter zu entwickeln.

albinfo.chbekannt. Wie kamst Du zu diesen Namen?

Arnold Gjergjajgeben. Anfänglich wehrte ich mich gegen den Namen, weil er mir nicht gefiel und weil ich auch selbst Angst vor Schlangen habe. Doch mein Trainer überzeugte mich, er sagte mir, dass dieser Name am besten zu mir passe, denn seiner Meinung nach bin ich ein Kämpfer, der den Gegner durchschaut und ein Schlag besitzt der so schnell ist wie ein Kobrabiss. Jetzt habe ich mich an diesen Spitznamen gewöhnt und er gefällt mir.

albinfo.ch: Hattest Du irgendwann einmal, vielleicht auch als Kind, Angst vor einer Schlange?

Arnold Gjergjaj: Klar, als ich in Kosovo war und zusammen mit anderen Kindern auf den Wiesen und am Fluss spielte und wenn wir eine Schlange sahen, dann hauten wir alle ab, und ich war sogar der erste, der jeweils davon rannte (lacht).

albinfo.ch: Da du gerade deine Kindheit erwähntest, in welchem Jahr seid ihr in die Schweiz ausgewandert?

Arnold Gjergjaj: Es war Juli 1999, als ich in die Schweiz kam.

albinfo.ch: Wer brachte dich zum Boxen?

Arnold Gjergjaj: Schon als Kind gefiel mir Boxen. Ich sah mir alle Boxkämpfe an, und oft kämpfte ich auch mit den andern Kindern. Als ich in die Schweiz kam, trainierten einige Freunde in einem Boxklub. So begann ich Gefallen daran zu finden und machte ständig weiter. Ich bin immer noch mit diesen Leuten befreundet, obwohl sie nun kein Boxtraining mehr machen. Nach drei vier Monaten begann ich mit Kickboxen und Boxen. Nach sieben Kämpfen im Kickboxen entschied ich mich, nur noch zu boxen. Ich trainierte in Baden, Burgdorf und bin seit 2008 beim Boxclub Basel. Nach fast 60 Amateurboxkämpfe und mehreren Schweizermeistertiteln, wechselte ich zu den Profis. Ich bin nun bald fünf Jahren Profiboxer und von meinen 24 Kämpfen habe ich alle gewonnen.

albinfo.ch: Wie schwer war es für dich, dich in der Schweiz und in der Schweizer Gesellschaft anzupassen?

Arnold Gjergjaj: Jeder Anfang ist schwer. Als ich in die Schweiz kam, konnte ich gar kein Deutsch. Den Freundeskreis, mit dem ich aufgewachsen war, musste ich in Kosovo lassen und hier musste ich mir ein ganz neues Umfeld aufbauen. Ich kam als Vierzehnjähriger in die Schweiz und es war nicht so einfach, mich an ein neues Umfeld und ein völlig neues Leben zu gewöhnen. Doch ich wollte vorwärts kommen. Am Tag ging ich zur Schule. Nach der Schule hiess es Hausaufgaben erledigen und wenn die Zeit noch reichte durfte ich ins Boxtraining. Auch half ich regelmässig bei meinem Bruder im Laden aus. Ich gewöhnte mich sehr schnell an die Kultur und die Menschen in der Schweiz. Die Verhaltensweisen sind nicht anders als im Kosovo. Nur wer stets gut arbeitet kommt weiter im Leben.

albinfo.ch: In Kosova unterstützen dich inzwischen alle, doch in der Schweiz?

Arnold Gjergjaj: Ich erlebe eine breite Unterstützung aus allen Richtungen und Ländern. Die Nationalität spielt hier eine untergeordnete Rolle. Mich unterstützen sowohl Schweizer wie Kosovaren und viele andere. An den Veranstaltungen wo ich boxe, kommen an die tausend Zuschauer aus der Region. Die allermeisten sind Boxfans und auch Freunde. Boxen ist in der Schweiz kein Nationalsport, das merkt man bei der Sponsorensuche und dennoch wird der Freundskreis immer wie grösser. Meine Familie und der Boxclub Basel unterstützen mich stark auch wird der Sponsorenkreis immer wie grösser. Ohne sie wäre eine Profiboxkarriere undenkbar.

albinfo.ch:Bist du deiner Meinung nach ein Beispiel für die Integration in der Schweiz oder ein „Botschafter“ der Albaner in diesem Land?

Arnold Gjergjaj: Gemeinsam versuchen wir den Jugendlichen aufzuzeigen, dass Gewalt keine Lösung darstellt. Auch engagiere ich in meinem Umfeld um die Belange von Jugendlichen in Pratteln, in dem ich mit Ihnen Zeit verbringe und an Veranstaltungen teilnehme.

albinfo.ch: Kam es vor, dass du dich in deinen Anfängen einmal diskriminiert fühltest, weil du Albaner bist?

Arnold Gjergjaj: Ich fühlte mich nie diskriminiert von der Schweizer Gesellschaft, aber allein die Tatsache, dass du zu Beginn die Sprache nicht kannst, die Menschen um dich herum nicht kennst, überhaupt nichts kennst, führt von dazu, dass du gegenüber den andern diskriminiert bist.

albinfo.ch: Wir wissen, dass du verlobt bist. Schaut deine Verlobte jeweils zu bei deinen Kämpfen?

Arnold Gjergjaj: Mein Vater war zwei- dreimal gekommen; ich habe ihn gebeten, nicht zuschauen zu kommen, denn ich weiss, wie er sich dabei fühlen kann. Aber meine Brüder kommen regelmässig, sie unterstützen mich lautstark.

albinfo.ch: Du giltst als der Boxer mit der schwersten Faust der Welt. Hast du deine Faust auch schon ausserhalb des Rings gebraucht?

Arnold Gjergjaj: Ich lehne Gewalt ausserhalb des Rings in jeglicher Form ab. Seit ich als Boxer bekannt bin, kam es nie vor, dass ich sie brauchte und ich hoffe, dass das nie in meinem Leben vorkommt. Um ein Problem entstehen zu lassen, braucht es im Minimum Zwei. Wenn der eine sich keine Probleme machen will, dann gibt es einen Weg, dem Problem zu entkommen.

albinfo.ch: Wurdest du schon von andern provoziert, um es zu einem Problem kommen zu lassen?

Arnold Gjergjaj: Ich bin in erster Linie Sportler und muss mich als Sportler benehmen, kultiviert und gut erzogen. Gleichgültig ob mich jemand provoziert, ich muss Mittel und Möglichkeiten finden, den Problemen aus dem Weg zu gehen. Ich muss aufpassen, denn ein Schlag von mir kann den andern schwer verletzen.

albinfo.ch: Es heisst, im Alltag seist du ein ganz anderer. Ruhig und ziemlich umgänglich?

Arnold Gjergjaj:Wenn ich mit Freunden oder Angehörigen zusammen bin, will ich über verschiedene Themen sprechen, am allerwenigsten übers Boxen.

albinfo.ch: Ist dies ein Respekt, den du andern und solchen, die älter als du sind, entgegenbringst?

Arnold Gjergjaj: Ich empfinde Respekt für alle Menschen um mich herum, umso mehr noch für meine Familienangehörigen. Natürlich kann ich keine andere Antwort geben, denn auch wenn ich der stärkste Mensch auf der Welt wäre, würde ich nie die Hand gegen  sonst jemand oder meine Familienangehörigen erheben, und schon gar nicht gegen meinen Bruder. Er schlug mich hunderte von Malen, doch er darf mich noch weitere hunderte von Malen schlagen, denn er ist mein Bruder.

albinfo.ch: Mit wem träumst du, einmal zu boxen, und was ist dein Ziel?

Arnold Gjergjaj: Mein Traum ist es, mit Vladimir Klitschko zu boxen. Ich werde alles dafür geben, damit mir dieses Vorhaben gelingen wird. Mein Ziel ist es, Weltmeister zu werden. Wüsste ich, dass ich nicht Weltmeister werde, würde ich das Boxen auf der Stelle bleiben lassen.

albinfo.ch: Kannst du uns sagen, wann wir dich als Weltmeister sehen werden?

Arnold Gjergjaj: Ich arbeite intensiv und wenn mein  bisheriger Erfolg anhält, dann hoffe ich, in zwei, drei Jahren um den Weltmeistertitel zu kämpfen.