Leben in der Schweiz

Bund und Kantone einigen sich auf gemeinsame Integrationsagenda

Bund und Kantone wollen Flüchtlinge und vorläufig aufgenommene Personen rascher in die Arbeitswelt integrieren – und damit auch deren Abhängigkeit von der Sozialhilfe reduzieren. Zu diesem Zweck haben sie sich auf eine gemeinsame Integrationsagenda geeinigt, die deutlich erhöhte Investitionen, konkrete Wirkungsziele sowie einen für alle Akteure verbindlichen Integrationsprozess vorsieht. Die Integrationsagenda wurde am 23. März 2018 von der Konferenz der Kantonsregierungen und in seiner Sitzung vom 25. April vom Bundesrat genehmigt. Dieser hat dabei auch eine Erhöhung der Integrationspauschale an die Kantone beschlossen. Bund und Kantone wollen zudem die Fehlanreize im Finanzierungssystem des Asylbereichs gemeinsam und rasch angehen.

Mit den beschleunigten Asylverfahren, die im Frühjahr 2019 schweizweit eingeführt werden, wissen Schutzsuchende rasch, ob sie in der Schweiz bleiben dürfen. Dank der Integrationsagenda werden nun die Voraussetzungen geschaffen, dass die Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen rasch Teil unserer Gesellschaft werden und ins Berufsleben einsteigen können. Bund und Kantone gehen davon aus, dass rund 70 Prozent aller Flüchtlinge und vorläufig aufgenommenen Personen im erwerbsfähigen Alter das Potenzial haben, sich nachhaltig in den Arbeitsmarkt zu integrieren und längerfristig für sich und ihre Familien aufzukommen. Mit Hilfe der Integrationsagenda kann dieses inländische Potenzial besser genutzt werden und die Schweizer Wirtschaft muss weniger Arbeitskräfte im Ausland rekrutieren.

Frühe und verbindliche Integration

Die Integrationsagenda von Bund und Kantonen legt verbindliche Wirkungsziele fest, die durch einen für alle Kantone geltenden Integrationsprozess erreicht werden sollen. Zu diesen Zielsetzungen gehört, dass alle Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene nach drei Jahren Grundkenntnisse einer Landessprache haben. Zudem ist mindestens die Hälfte aller erwachsenen Personen nach sieben Jahren im Arbeitsmarkt integriert. Dieser Integrationsprozess setzt bereits kurz nach der Einreise ein und sieht konkrete Fördermassnahmen vor, z.B. beim Spracherwerb, der Vorbereitung auf nachobligatorische Bildungsangebote sowie bei der beruflichen und gesellschaftlichen Integration. Bei allen Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen im erwerbsfähigen Alter wird künftig eine vertiefte Potenzialabklärung vorgenommen. Sie werden zudem während des ganzen Integrationsprozesses durch eine Fachperson verbindlich begleitet und beraten.

Lohnende Investition

Um die Finanzierung dieser Fördermassnahmen zu sichern, erhalten die Kantone künftig vom Bund eine einmalige Integrationspauschale von 18 000 Franken pro Person. Umfassende Erhebungen in den Kantonen und gemeinsame Berechnungen haben gezeigt, dass der angestrebte Integrationsprozess diese zusätzlichen Mittel erfordert. In einem zweiten Schritt haben sich Bund und Kantone darauf verständigt, die Finanzierung der Unterbringung, Betreuung und Integration im Flüchtlings- und Asylbereich in den nächsten zwei Jahren insgesamt zu überprüfen. Ziel ist es, das Finanzierungssystem zu vereinfachen, Bund und Kantone administrativ zu entlasten und verstärkt Integrationsanreize zu setzen. Der Bundesrat erwartet zudem, dass sich damit die heute bestehenden Unterschiede zwischen den Kantonen in Bezug auf die Integrationsmassnahmen und deren Wirkung angleichen.

Ausgehend von rund 11 000 anerkannten Flüchtlingen und vorläufig aufgenommenen Personen pro Jahr, führt dieses Vorgehen beim Bund kurzfristig zu jährlichen Mehrausgaben von 132 Mio. Franken. Berechnungen zeigen, dass die öffentliche Hand pro eingesetzten Franken durch die Integrationsagenda bei Personen im arbeitsfähigen Alter auf lange Sicht bis zu vier Franken einspart. Die Modellrechnungen ergeben, dass beispielsweise bei erwachsenen Personen (26-49 Jahre), die dank der Integrationsagenda rascher in der Berufswelt Fuss fassen, die öffentliche Hand durchschnittlich rund 90 000 Franken pro Person einsparen kann. Die Sozialhilfe und auch der Bildungsbereich werden durch die Massnahmen entlastet. Die Integrationsleistungen, die der Bildungsbereich heute für diese Zielgruppe erbringt, sind jedoch nicht Teil der Integrationsagenda.

Die Integrationsagenda beschränkt sich auf den Asylbereich. Bis Ende 2019 soll zusätzlich die Frage geklärt werden, wie Integrationsvorleistungen für Jugendliche und junge Erwachsene, die nicht als Asylsuchende in die Schweiz kommen, organisiert und finanziert werden.

Zusätzliche Mittel für unbegleitete minderjährige Personen

Parallel zur Integrationsagenda haben sich Bund und Kantone auch auf ein System zur fairen Abgeltung der Kosten für unbegleitete minderjährige Personen aus dem Asylbereich (MNA) geeinigt. Diese junge Menschen, die ohne familiäre Bindung in der Schweiz Schutz suchen, haben aufgrund ihres Alters, ihres Entwicklungs- und Bildungsstands und ihrer Verletzlichkeit besondere Bedürfnisse bei der Unterbringung und Betreuung als erwachsene Asylsuchende. Das führt zu höheren Kosten in den Kantonen. Eine angemessene Unterbringung und Betreuung von MNA im Asyl- und Flüchtlingsbereich stellt aber eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen der Integration dieser jungen Personen dar.

Deshalb haben Bund und Kantone die entstehenden Zusatzkosten in enger Koordination mit der Integrationsagenda gemeinsam ermittelt. Demnach betragen die anrechenbaren Kosten für Betreuung und Sozialhilfe insgesamt 100 Franken pro Tag und MNA. Davon soll der Bund künftig 86 Franken übernehmen. Der Bundesrat hat heute ebenfalls entschieden, die Subventionen für die Kantone für MNA entsprechend zu erhöhen. Er hat ein Modell gutgeheissen, das auf der Zahl von MNA basiert, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Schweiz aufhalten. Für das Jahr 2018 würden die zusätzlichen Subventionen des Bundes an die Kantone – anhand des Bestandes per Ende Januar 2018 berechnet – rund 30 Millionen Franken betragen.

Die Integrationsagenda wurde seit März 2017 gemeinsam von den zuständigen Departementen beim Bund (Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement EJPD und Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF) sowie den zuständigen kantonalen Regierungskonferenzen (Konferenz der Kantonsregierungen KdK, Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren SODK sowie die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren EDK) erarbeitet. Sie soll im Frühjahr 2019 umgesetzt werden.

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