Leben in der Schweiz

Bundespräsidentin Doris Leuthard empfängt EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker

Bundespräsidentin Leuthard und EU-Kommissionspräsident Juncker bekräftigten den Willen der Schweiz und der EU, den bilateralen Weg zu konsolidieren und weiterzuentwickeln

Bundespräsidentin Doris Leuthard hat heute in Bern den Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, getroffen. Sowohl Doris Leuthard, die von den Bundesräten Alain Berset und Ignazio Cassis begleitet wurde, als auch Jean-Claude Juncker unterstrichen die Bedeutung und die Vielfalt der Beziehungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU). Sie zogen eine positive Bilanz über die in diesem Jahr erzielten Fortschritte in verschiedenen Bereichen und legten die nächsten Schritte fest. Die Bundespräsidentin und der EU-Kommissionspräsident bekräftigten zudem ihren Willen, den bilateralen Weg weiterzuentwickeln.

Die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU sind seit Anfang Jahr in eine neue Phase eingetreten. Mit dem Präsidialtreffen vom 6. April 2017 in Brüssel kam eine positive Dynamik in Gang, die zur Wiederaufnahme verschiedener hängiger Dossiers führte. Heute zeigten sich Bundespräsidentin Doris Leuthard und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erfreut über die in verschiedenen Bereichen erzielten Ergebnisse.

Konkrete Ergebnisse
Während des Besuchs unterzeichneten die Schweiz und die EU ein Abkommen, das es ihnen erlaubt, ihre Handelssysteme für CO2-Emissionsrechte (Emissions Trading System, ETS) zu verknüpfen.
Zudem wurde gestern in Brüssel auch ein Abkommen paraphiert, das den schweizerischen Strafverfolgungsbehörden den Zugriff auf die Eurodac-Datenbank ermöglicht. Diese verfügt über ein automatisches Identifizierungssystem für Fingerabdrücke von Personen, die in einem Dublin-Staat ein Asylgesuch eingereicht haben.

Das Abkommen über den Abbau technischer Handelshemmnisse (MRA) konnte bereits im Sommer aktualisiert werden. Bei der wissenschaftlichen und technischen Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und der Europäischen Agentur für chemische Stoffe (ECHA) sowie bei der Aktualisierung des Versicherungsabkommens steht eine Vereinbarung ebenfalls kurz bevor. Gesichert ist auch die Aufnahme von Verhandlungen über die Zusammenarbeit der Schweiz mit der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA) und die Mitwirkung der Schweiz bei der Agentur für das europäische globale Satellitennavigationssystem (GSA).

Schliesslich besprachen Bundespräsidentin Leuthard und EU-Kommissionspräsident Juncker auch die Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit und der Migration. Sie betonten insbesondere, dass es wichtig sei, koordiniert auf die gemeinsamen Herausforderungen auf dem europäischen Kontinent zu reagieren.

Der EU-Kommissionspräsident informierte die Bundespräsidentin zudem, dass die Europäische Kommission das Thema MiFIR 23 Anfang Dezember behandelt. Er versicherte ihr auch, dass die Aktualisierung der bestehenden Abkommen, einschliesslich des MRA, sowie die technischen Gespräche über andere Aspekte der finanziellen Gleichwertigkeit ohne Einschränkung fortgesetzt würden.

Die Schweizer Delegation informierte den EU-Kommissionspräsidenten über den Entscheid des Bundesrats, die Weichen für einen neuen Beitrag der Schweiz an die Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in gewissen Mitgliedstaaten der EU zu stellen. Die erst kürzlich mit den Empfängerländern geführten Sondierungsgespräche erlaubten es, ihre Bedürfnisse und Interessen zu ermitteln, namentlich in den Schwerpunktbereichen Berufsbildung und Migration. Der Bundesrat beauftragte das EDA, in Zusammenarbeit mit dem WBF und dem EJPD bis Ende Februar 2018 eine Vorlage zur Umsetzung dieses neuen Beitrags für die Vernehmlassung vorzubereiten.

Dieser unabhängige Beitrag in der Höhe von 1,302 Milliarden Franken über zehn Jahre soll zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in Europa beitragen, was im wirtschaftlichen und politischen Interesse der Schweiz liegt. Durch die stärkere Unterstützung der Berufsbildung kann das Schweizer Knowhow in diesem Bereich genutzt werden, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und die Jugendarbeitslosigkeit in diesen Ländern zu bekämpfen. Mit den Projekten im Migrationsbereich soll ein Beitrag zu einer besseren Bewältigung der Migrationsströme geleistet werden.

Gefestigte und stabile Beziehungen
Bundespräsidentin Leuthard und EU-Kommissionspräsident Juncker bekräftigten den Willen der Schweiz und der EU, den bilateralen Weg zu konsolidieren und weiterzuentwickeln. In verschiedenen Bereichen der Zusammenarbeit müssten aus Sicht der Schweiz weitere Fortschritte erzielt werden.

Die Bundespräsidentin legte dem EU-Kommissionspräsidenten die Erwartungen der Schweiz in Bezug auf die hängigen Dossiers dar, sodass rasch Lösungen für die noch offenen Fragen gefunden werden können. Dies betrifft insbesondere: einen stärkeren Einbezug der Schweiz bei den Gesprächen über die Zukunft der Dublin-Verordnung, die Sicherstellung eines direkten Zugangs zur Europol-Datenbank für die Schweizer Behörden, die Verbesserung der Schengen-Zusammenarbeit bei der Aushandlung von Zusatzabkommen, die Teilnahme der Schweiz am EU-Rahmenprogramm «Europe Créative» und am öffentlichen regulierten Dienst (PRS) des Galileo-Programms, den raschen Abschluss eines Abkommens im Bereich der öffentlichen Gesundheit, die Weiterführung der technischen Arbeiten für die zukünftigen Anerkennungen der Gleichwertigkeit im Finanzbereich sowie Massnahmen zur wirksamen Bekämpfung neuer Handelshemnisse zwischen der Schweiz und der EU. Rasche Fortschritte in diesen Bereichen sind für beide Parteien von Interesse. Sie dienen namentlich der inneren Sicherheit, der finanziellen Stabilität, dem Gesundheitsschutz, der kulturellen Vielfalt sowie Wachstum und Beschäftigung.

Die beiden Parteien wollen langfristig auch stabile, vorhersehbare und enge Beziehungen sicherstellen. In diesem Sinne bestätigten sie, dass sie sie weiterhin ein Abkommen über institutionelle Fragen aushandeln wollen. Diese Absicht deckt sich mit den Zielen des Bundesrats für das laufende und das zukünftige Jahr.

Schliesslich sprachen die beiden Delegationen auch über andere Themen der bilateralen Zusammenarbeit oder von gemeinsamem Interesse wie beispielsweise Migrationsfragen, Sicherheit, Zusammenarbeit im aussenpolitischen Bereich und den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU. Sie begrüssen die enge Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU, die von beiden Parteien geschätzt wird.

Liste der Dossiers, bei denen Fortschritte verzeichnet wurden

Abkommen über den Handel mit Emissionszertifikaten (ETS): Es erlaubt eine Verknüpfung der CO2-Emissionshandelssysteme.

Eurodac: Datenbank mit einem automatischen Identifizierungssystem für Fingerabdrücke von Personen, die in einem Dublin-Staat ein Asylgesuch eingereicht haben.

Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen im Produkt-, Verfahrens- oder Dienstleistungsbereich. Mit diesem Instrument können technische Handelshemnisse abgebaut werden.

Wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Gesundheit und der Europäischen Agentur für chemische Stoffe (ECHA)

Erneuerung des Versicherungsabkommens

Zusammenarbeit der Schweiz mit der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA)

Mitwirkung der Schweiz bei der Agentur für das europäische globale Satellitennavigationssystem (GSA)

Anerkennung der Schweizer Gesetzgebung als gleichwertig gemäss Artikel 23 MiFIR (Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente)

Unabhängiger Beitrag der Schweiz zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten in gewissen Mitgliedstaaten der EU

Abkommen über die institutionellen Fragen