Meinungen

Ungewöhnliche Kommunikation der Aussenministerin von Surinam

Angefangen hat alles damit, dass der Aussenminister von Serbien auf verschiedenen Medienkanälen am 31. Oktober 2017 verkündet hat, Surinam habe entschieden, die Anerkennung der Republik Kosovo als unabhängiger Staat zu widerrufen

Seit Tagen wird in den Medien über den Widerruf der Anerkennung der Republik Kosovo als unabhängiger Staat diskutiert. Auch wird seit Tagen in den Medien diskutiert, ob eine bereits erfolgte Anerkennung zurückgezogen werden kann.

Angefangen hat alles damit, dass der Aussenminister von Serbien auf verschiedenen Medienkanälen am 31. Oktober 2017 verkündet hat, Surinam habe entschieden, die Anerkennung der Republik Kosovo als unabhängiger Staat zu widerrufen. Bereits am 29. Oktober 2017 wurde in den „Caribbean News Now!“ ein kritischer Kommentar von Ray Chickrie veröffentlicht: „Suriname flip-flops on Kosovo and Western Sahara recognition“ (https://wp.caribbeannewsnow.com/2017/10/29/commentary-suriname-flip-flops-kosovo-western-sahara-recognition/). Der russische Aussenminister Sergej Lawrow erklärte am 31. Oktober 2017 an einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Aussenministerin von Surinam Yldiz Pollack-Beighle, Russland habe eine Reihe von wirtschaftlichen Projekten in Surinam; mit keinem Wort wurde die Republik Kosovo erwähnt (http://www.mid.ru/en/press_service/video/-/asset_publisher/i6t41cq3VWP6/content/id/2927121?p_p_id=101_INSTANCE_i6t41cq3VWP6&_101_INSTANCE_i6t41cq3VWP6_languageId=de_DE). Bis letzte Woche hatte die Regierung der Republik Kosovo keine Notifikation von Surinam erhalten. Klarheit brachte erst ein Beitrag der „Caribbean News Now!“ vom 2. November 2017 „Surinam revokes Kosovo recognition on heels of Russia visit“, in dem der fragliche Brief abgedruckt ist: “ Ministry of Foreign Affairs of the Republic of Suriname, No. PSMF/8915/2017, The Ministry of Foreign Affairs of the Republic of Suriname presents its compliments to the Ministry of Foreign Affairs of the Republic of Kosovo and with reference to its letter no. MFA/1869/16 dated 8 July 2016, wishes to inform that after careful consideration, the Government of the Republic of Suriname has decided to revoke the recognition of Kosovo as an independent and sovereign state. The Ministry of Foreign Affairs of the Republic of Suriname avails itself of this opportunity to renew to the Ministry of Foreign Affairs of Kosovo the assurances of its highest consideration. Paramarimba, 27 October, 2017. To: The Ministry of Foreign Affairs of Kosovo.” (https://wp.caribbeannewsnow.com/2017/11/02/suriname-revokes-kosovo-recognition-heels-russia-visit/).

Nach den Regeln des allgemeinen Völkerrechts darf jeder Staat selber entscheiden, mit welchen anderen Staaten er diplomatische und konsularische Beziehungen unterhalten will. Man kann deshalb Surinam keinen juristischen Vorwurf machen, wenn es mit Kosovo nicht mehr diplomatisch oder konsularisch verkehren will (was die Bevölkerung von einem solchen durchsichtigen Verhalten denkt, braucht hier nicht thematisiert zu werden). Als völkerrechtliche Courtoisie bezeichnet man die Gepflogenheiten im diplomatischen Verkehr der Staaten bzw. deren Vertreter miteinander. Dazu ist festzuhalten, dass die Kommunikation der Aussenministerin von Surinam – bei aller diplomatischen Zurückhaltung – zumindest als ungewöhnlich zu qualifizieren ist. Es ist nämlich im internationalen Verkehr durchaus guter Brauch und Übung, dass der Adressat einer Notifikation wie hier der Brief vom 27. Oktober 2017 auf den üblichen postalischen Wegen und nicht wie hier geschehen, auf dem Weg einer Mediennotiz erfährt.

Die Juristen streiten sich seit Jahrzehnten darüber, ob die Anerkennung eines Staates konstitutive oder deklaratorische Rechtsnatur hat. Und die gleichen Juristen streiten sich seit Jahrzehnten darüber, ob die Anerkennung eines Staates rechtswirksam überhaupt zurückgezogen werden kann. Hat die Republik Kosovo nun aufgehört zu existieren, nachdem Surinam seine Anerkennung zurückgezogen hat? Die Republik Kosovo lebt!

Wir sind zwar Juristen, aber für einmal hat es keinen Zweck, Tinte über juristische Argumente bezüglich der Frage zu verbrauchen, ob es juristisch überhaupt möglich ist, eine Anerkennung zu widerrufen. Lassen wir doch lieber den gesunden Menschenverstand des italienischen Volksmundes sprechen: „La gente ama dire che non c’è più niente da fare, quando una campana ha suonato.“ („Man sagt, das Läuten einer Glocke kann man nicht rückgängig machen.“). Eine erfolgte Anerkennung kann man nicht ungeschehen machen.

lic.iur. Orhan Spahiu

Jurist

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