Leben in der Schweiz
Ein Schweizer Pass schützt nicht vor Rassismus
Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) widmet die 42. Ausgabe des Bulletins TANGRAM den Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Integrationsarbeit und Rassismusbekämpfung. Beide sind unverzichtbar, ergänzen sich und bezwecken im Wesentlichen, allen Menschen das Zusammenleben im Respekt der in unserem Rechtsstaat garantierten Grundrechte zu ermöglichen. Rassismus betrifft aber nicht nur die Ausländerinnen und Ausländer – ein dunkelhäutiger Schweizer, eine muslimische oder jüdische Schweizerin oder eine jenische Familie können rassistischer Aggression und Diskriminierung ausgesetzt sein. Auch bestens integrierte Ausländerinnen und Ausländer können Opfer von Rassismus und Diskriminierung werden. Weder eine sehr gute Integration noch die Schweizer Staatsbürgerschaft schützen vor Rassismus
Anhand von Beobachtungen von Fachpersonen aus der Praxis, von Vertreterinnen und Vertretern von Minderheiten sowie von Expertinnen und Experten thematisiert das TANGRAM-Bulletin die Vorteile und die Grenzen der Integrationspolitik bei der Bekämpfung von Diskriminierungen. Es nennt die Herausforderungen, die es für einen umfassenderen Ansatz im Kampf gegen Rassismus in der Schweiz zu bewältigen gilt.
Mit der Verankerung der Rassismusprävention in den kantonalen Integrationsprogrammen (KIP) konnten bedeutende Fortschritte erzielt werden: Die Kantone und Gemeinden engagieren sich heute aktiv gegen Diskriminierung. Dies war früher nicht unbedingt der Fall, wie kantonale Fachpersonen bezeugen. Zwar sind gut integrierte Ausländerinnen und Ausländer besser gegen Diskriminierung geschützt, Rassismusbekämpfung und -prävention dürfen sich aber trotzdem nicht nur auf die – noch so wirksame – Integrationspolitik beschränken. Wie mehrere Personen in der aktuellen Ausgabe des TANGRAM bestätigen, können auch Schweizer Staatsangehörige und gut integrierte Ausländerinnen und Ausländer Opfer von Rassismus und rassistischer Diskriminierung sein.
Stefan Heinichen berichtet, dass Sinti und Roma von den Behörden, den Politikerinnen und Politikern und der Mehrheitsbevölkerung bewusst ausgeschlossen und als «anders» betrachtet werden. Sabine Simkhovitch-Dreyfus bedauert, dass der Kampf gegen Antisemitismus im Rahmen der Integrationspolitik erfolgt, was «weder mit dem Phänomen des Antisemitismus noch mit dem Zugehörigkeitsgefühl der Jüdinnen und Juden zur Schweiz zu vereinbaren» sei.
Für Thomas Facchinetti, den ehemaligen kantonalen Delegierten für Ausländerfragen in Neuenburg, «müssen die Integrationspolitik und die Bekämpfung von Rassismus kohärent aufeinander abgestimmt werden. Es ist daher wichtig, dass in den gemeinsamen Integrationsprogrammen von Bund und Kantonen (KIP) auch Ziele gegen Diskriminierung – und insbesondere gegen rassistische Diskriminierung – formuliert werden.»
«Bei der Politik zur Bekämpfung von Rassismus geht es um mehr als nur die Integration. Stereotype halten sich hartnäckig und ohne Rücksicht auf Nationalitäten. Aus diesem Grund müssen die Instrumente zur Diskriminierungsbekämpfung in den Integrationsprogrammen gepflegt und mit den nötigen finanziellen Mitteln ausgestattet werden», schlussfolgert Martine Brunschwig Graf, Präsidentin der EKR.
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