CH-Balkan

Das Städtchen Presheva von Flüchtlingen in Beschlag genommen

Presheva, bis vor wenigen Monaten eine ruhige albanischsprachige Kleinstadt im Süden Serbiens, ist von Tausenden von Emigranten in Beschlag genommen worden.

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Es sind über 3000 Flüchtlinge, die sich jeden Tag im Zentrum für vorläufige Aufnahme melden. „Bis heute steigt die Zahl der Flüchtlinge stetig. Wir statten sie mit vorläufigen Aufenthaltsausweisen aus. Kaum haben sie diese Ausweise erhalten, gehen sie weiter Richtung Belgrad und dann zur ungarischen Grenze“, sagt ein serbischer Polizist, der bei den rund ums Zentrum in langen Reihen anstehenden Flüchtlingen steht.

Die Zone rings um den Bahnhof der kleinen Stadt ist überfüllt mit Flüchtlingen, aber auch mit Abfällen, von welchen die Gefahr von Epidemien ausgeht.

Für das UNHCR tätige Leute sind bei den Flüchtlingen, und sie befürchten, dass deren Zahl in den folgenden Tagen noch wachsen werde.

« Es sind viele Flüchtlinge. Wir sind hier Tag und Nacht anwesend; nach unseren Schätzungen kommen jeden Tag 3000 Menschen von Makedonien nach Serbien. Unsere Equipen transportieren Kranke und Kinder von der Grenze bei Tabanoc Richtung Presheva. In den kommenden Tagen erwarten wir den grössten Zustrom von Flüchtlingen“, sagt die für das  UNHCR aktive Biljana Kosić, die mehr Aufmerksamkeit auch von den einheimischen serbischen Behörden fordert.

Das UNHCR stellt 450 Essensrationen für die Flüchtlinge bereit, vor allem für Kinder und Frauen, während die übrigen Flüchtlinge selbst für ihr Essen sorgen müssen.

Fyas Aljabi, Student aus Damaskus, sagt, sie hätten acht Tage beschwerlicher Reise von Syrien hinter sich und Presheva nur mit Mühe erreicht.

« Wir mussten viele Schwierigkeiten überwinden bis hierher. Am schlimmsten war es in Griechenland, wo wir nicht gut behandelt wurden. In Makedonien ging es gut, obwohl es unseren Verwandten letzte Woche sehr schlecht erging. Nach so viel Schlechtem hoffe ich, dass wir es überlebt haben. Ich denke, in die Schweiz zu gehen, denn dort habe ich einige Bekannte“, sagt Aljabi, und fügt hinzu, dass er beabsichtige, seine Ausbildung weiterzuführen.

Moufak. K, ein 60-jähriger Mechaniker aus Mossul (Irak), war zusammen mit zehn Familienangehörigen viele Tage unterwegs bis nach Presehva.

«Uns erging es sehr schlecht. Wir flohen aus Mossul, weil der IS kam. Er nahm uns all unseren Besitz und sie drohten uns zu töten. Die Kinder erlebten viel Leid und Kummer bis hierher. Wir sind noch nicht sicher, ob wir soweit kommen, wie wir müssen. Bis jetzt haben wir über 30‘000 Euro ausgegeben“, betonte Moufak.

Ein Teil der Flüchtlinge hat gesundheitliche Probleme und Verletzungen am Körper.

Ahmed Mahmoud, ein 50-jähriger Syrier, sagt, er sei auf der Flucht mit der Familie verletzt worden. Er berichtet, dass er während der Reise sehr litt und gesundheitliche Probleme hatte. Ahmed ist alleine in Presheva und auf der Suche nach seiner Frau und seinen Kindern, die in Makedonien geblieben seien.

« Ich bin traurig und ich ertrage all dieses Leid nicht mehr. Ich wurde in Makedonien von der Familie getrennt, weil es ihnen nicht mehr gelang, in den Zug zu steigen. Ich gehe nicht weg von Presheva, bevor ich nicht wieder mit meiner Familie vereint bin. Die Equipen der UNHCR helfen mir, meine Familie zu finden“, erzählt Ahmed Mahmoud.

Die Flüchtlinge haben keine Klagen über die Behandlung durch die Preshevaren. Sie betonen, die Einheimischen seien sehr menschlich und verhielten sich so fürsorglich wie möglich, im Unterschied zu den Einwohnern der Grenzstadt Gjevgjelia in Makedonien.

« Hier sind die Menschen aufrichtig, sie manipulieren und betrügen nicht. Die Läden und verschiedenen Lokale verkaufen uns die Dinge zu realen Preisen, oft schenken sie den Kindern gratis Essen. In Gjevgjelia hingegen wollten die meisten von uns profitieren. Ein Flasche Wasser verkauften sie uns für fünf bis zehn Euro. Je nachdem was wir bei uns hatten. Von andern Dingen gar nicht zu reden. Sie hatten nicht viel Mitleid und Menschlichkeit“, sagt Ahmed.

Viele Vereine und individuelle Humanisten helfen den Flüchtlingen freiwillig.

« Wir wissen was es heisst, sein Zuhause verlassen und als Flüchtling auf den Strassen irren zu müssen. Wir Albaner haben das selbst erlebt, deshalb tun wir was wir nur können, um diesen leidenden Menschen zu helfen“, sagt Besim I., ein Geschäftsmann aus Presheva. Er erzählt, die vergangenen Abende hätten sie Geld und Waren gesammelt und Essen an die Flüchtlinge verteilt.

Seit den letzten Tagen sind die Strassen der Stadt überfüllt mit Flüchtlingen, und so kommen auch die kleinen Geschäfte auf ihre Rechnung. Viele Flüchtlinge kaufen Esswaren und andere notwendige Dinge.

Preshevas Gemeindepräsident Ragmi Mustafa sagt, dass die Bevölkerung der Gegend sich menschlich zeige und nach Möglichkeiten helfe. Doch auch die Gemeinde sei in Bereitschaft, nötigenfalls zu helfen.

« Als Preshevaren haben wir in diesen Tagen offene Herzen und Türen für die notleidenden Kriegsflüchtlinge, trotz einer Menge eigener drückender Probleme, sowohl wirtschaftlicher wie politischer. Die Gemeinde und die Bevölkerung Preshevas, deren Erinnerungen an die noch nicht weit zurück liegende schmerzhafte Vergangenheit der eigenen beziehungsweise albanischsprachigen, kosovarischen Bevölkerung noch frisch sind, solidarisieren sich mit den Flüchtlingen aus Syrien und rufen unsere makedonischen Nachbarn auf, anstelle von Gewalt und noch mehr Kummer diesen Notleidenden Unterstützung und Gastfreundschaft zu bieten, vorübergehend, bis sich in Zusammenarbeit mit internationalen Institutionen eine passende Lösung findet“, sagte Mustafa, und appellierte, Presheva möge sich nicht zu einer Flüchtlingsempfangsbastion oder zu einem „zweiten Bllace“ wandeln.