Wer sind die Albaner, die in der Schweiz Politik machen?

Mit Blick auf das Wahlpotential der albanischsprachigen Bevölkerung treffen die Schweizer Parteien schon jetzt Massnahmen, um diese Stimmen bei den National- und Ständeratswahlen im Herbst 2015 zu gewinnen

Obwohl die albanischsprachige Bevölkerung in der Schweiz sich erst in jüngster Zeit in grösserem Mass für die hiesige politische Szene zu interessieren begann, sind es viele Namen von Aktivisten, Intellektuellen, Geschäftsleuten und anderen Persönlichkeiten, die es nun auf diese abgesehen haben. Die politische Repräsentation der Albaner verteilt sich auf mehrere Parteien und andere Gruppierungen. Doch reicht die Vertretung bis jetzt nicht über die Ebene der Gemeinden und Kantone hinaus.

Im Moment verteilen sich die politischen Präferenzen auf die wichtigsten Parteien: auf die SP – Sozialdemokratische Partei der Schweiz, die SVP – Schweizerische Volkspartei, die  FDP. Die Liberalen – Freisinnig demokratische Partei. Die Liberalen, die CVP – Christlich Demokratische Volkspartei, die EVP – Evangelische Volkspartei und die GPS – Grüne Partei der Schweiz.

Die zweite Generation und ihre politischen Präferenzen

Mit Blick auf das Wahlpotential der albanischsprachigen Bevölkerung sind schon jetzt Aktivitäten im Gang, um dieses für die nationalen Wahlen vom kommenden Herbst, aber auch für die anderen Wahlen, die im Verlauf dieses Jahres stattfinden, zu gewinnen. Dynamisch ist etwa die SP, die Angehörige der eingewanderten Bevölkerung über eine eigene Struktur mobilisiert. Aber auch die anderen Parteien wie die CVP und die EVP sind diesbezüglich aktiv geworden.

In ihrer Mehrheit begann die Bevölkerung albanischsprachiger Herkunft in der Schweiz erst spät, an den hiesigen politischen Entwicklungen Anteil zu nehmen. Die älteren Generationen standen mehr oder weniger ganz ausserhalb dieses Bereichs und zeigten kein Interesse am politischen Geschehen in der Schweiz. Doch die zweite Generation verhält sich nun aktiver. Im Verlauf des letzten Jahrzehnts gingen angesichts des bedeutenden albanischen Stimmenpotentials viele Schweizer Parteien dazu über, in ihre Wahlvorschläge und Listen auch albanischsprachige Kandidatinnen und Kandidaten einzufügen.

Erwartungen hinsichtlich besserer Mobilisierung und Partizipation

Die albanischsprachige Bevölkerung organisiert sich und verfolgt tagtäglich die politischen Geschehnisse in den Behörden von Gemeinden, Kantonen und Bund.

Osman Osmani (SP) ist bekannt als einer der ersten Albaner, die sich im politischen und gesellschaftlichen Leben der Schweiz engagierten. Er war der erste, der 2006 in ein Kantonsparlament gewählt wurde, in jenes von Schaffhausen. Osmani ist ausserdem politischer Sekretär für Migrationsfragen in der Gewerkschaft UNIA. Er erläutert für albinfo.ch die Gründe seines Engagements:

“Mein gesellschaftliches und politisches Engagement diente nebst dem Einsatz für die albanische Gemeinschaft in der Schweiz auch dazu, die Anliegen und Aspirationen der Albaner in den albanischen Gebieten selbst bekanntzumachen. Während die Schweizer die Albaner als grosses Wahlpotential erkannt haben, vergessen die Kandidaten albanischer Herkunft diese Tatsache oft und  engagieren sich sehr selten in den Vereinen der albanischen Gemeinschaft”, hebt Osman Osmani hervor. Osmanis Idee, eine eigene Sektion für Migrantinnen und Migranten zu bilden, wurde ins politische Programm der SP Schweiz aufgenommen.

Ein neuer, vielversprechender Politiker ist Arbër Bullakaj, Mitglied des Stadtparlaments im sanktgallischen Wil, und kürzlich zum stellvertretenden Sekretär der St. Galler SP gewählt. Er kandidiert bei den Nationalratswahlen für die SP. Bullakaj wird breit unterstützt von schweizerischen und albanischen Persönlichkeiten.

Frauenpower

Ylfete Fanaj ist eine Protagonistin in der schweizerischen Politszene. Sie ist die erste albanische Frau, die in ein Kantonsparlament gewählt wurde, in jenes von Luzern. Fanaj präsidierte die bekannte Emigrantenorganisation der zweiten Generation, second@splus.

Lurata Reçi, eine junge, in der Schweiz integrierte Struganerin, war SP-Gemeinderätin gewesen und hatte den SP-Vorstand der Berner Kantonalpartei geleitet. Heute ist Lurata FDP-Mitglied und sagt, sie lebe mit der Politik, um die Albaner möglichst gut zu vertreten. “Bei den letzten Wahlen, wo ich kandidierte, erhielt ich beachtliche 21’000 Stimmen. Ich hoffe, dass die Albaner aktiver werden und ihre Stimme nutzen, um jede albanischsprachige Kandidatin in den kommenden Wahlen in der Schweiz zu wählen”, sagt Lurata.

Qëndresa Sadriu ist eine junge Frau, die letztes Jahr in den Gemeinderat von Glattbrugg ZH gewählt wurde. Sie ist sowohl im Gemeinderat wie in ihrem gesellschaftlichen Umfeld sehr aktiv.

Beginn einer neuen Phase der politischen Teilnahme

Blerim Bunjakus politische Erfahrungen sind neu, er ist in Winterthur in der EVP engagiert. Dank der Stimmen, die er bei den letzten Wahlen für das Gemeindeparlament Winterthur erhielt, ist er, wie er erzählt, heute Kreisschulpfleger. “Als Vorstandsmitglied beteilige ich mich innerhalb der EVP an der Ausarbeitung eines operativen Plans. Ich gehöre der parteiinternen Fachgruppe für Kultur, Jugend und Bildung an”, sagt Blerim.

Es ist zu hoffen, dass zukünftig das Interesse der albanischsprachigen Bevölkerung für die Beteiligung am politischen Leben in der Schweiz zunimmt. Dieses Engagement hätte jedoch noch mehr Sinn, wenn es sich stärker auf die gesellschaftliche und politische Organisation der Albaner in der Schweiz konzentrieren würde, um deren Anliegen und Sorgen besser artikulieren zu können.

 

Einige albanische Abgeordnete in Gemeinde- und Kantonsparlamenten

–       Ylfete Fanaj, SP-Kantonsrätin Luzern

–       Zari Xhaferi, SP-Kantonsrat Zug

–       Etrit Hasler, (Albaner-Schweizer) , SP-Kantonsrat St. Gallen;

–       Ibrahim Zahiri, Vertreter des GV (Germeindeverein) im Gemeinderat der Gemeinde Glattbrugg-Opfikon (ZH)

–       Qëndresa Sadriu, SP-Gemeinderätin in Glattbrugg-Opfikon (Zürich)

–       Nazmi Rexhepi, SP-Gemeinderat in Langnau

Kandidaten der eidgenössischen Wahlen 2011

An den eidgenössischen Wahlen vom 24. November 2011 kandidierten die Albaner erstmals für das Bundesparlament in Bern. Auch wenn sie keinen Sitz erobern konnten, war es doch das erste Mal, dass diese Albanerinnen und Albaner sich der Herausforderung des eidgenössischen Parlaments stellten. Sie waren: Lurata Reçi von der SP Bern für den Nationalrat, und Bashkim Rexhepi für die Juso des kleinen Kantons Obwalden als Ständeratskandidat.

Über 100 Albanischsprachige kandidierten in den Gemeinden

Über 100 albanische Kandidaten bewarben sich in den letzten Jahren bei kommunalen und kantonalen Wahlen um einen Sitz. Darunter sind Namen, die in den Medien erschienen, doch andere wurden mangels Angaben nicht vermerkt:

Edlira Dedja-Bytyqi, bekannte albansiche Pianistin, Dozentin am Konservatorium von Neuenburg, war 2012 SP-Kandidatin in der Stadt Neuenburg; Mërgim Gutaj war 2012 Kantonsratskandidat im Kanton Aargau.

An den Wahlen ins St. Galler Stadtparlament im Jahr 2012 hatten Zeqir Sadrija für die Grünen und an jenen für das Stadtparlament Wil (SG) Franklin Munishi für die CVP und Arbër Bullakaj für die SP (gewählt) teilgenommen.

Für den St. Galler Kantonsrat kandidierten zwei Albaner von der BDP: Alban Imeri von Kumanova und Besim Kauz von Tetova. Für die SP hatte der 17 Jahre junge, aus Gostivar stammende Arian Bilali kandidiert. Für das Luganeser Stadtparlament kandidierte am 14. April 2013 der junge Albaner Elez Badalli. Die SP-Kandidaten in der Gemeinde Opfikon-Glattbrugg waren 2014: Arina Jakupi, Fatlum Kastrati, Ola Sinani, Qëndresa Sadriu, Shaban Haliti und Taulant Faniqi. Ibrahim Zahiri kandidierte für den GV (Gemeindeverein Opfikon-Glattbrugg). Gewählt wurden: Qëndresa Sadriu und Ibrahim Zahiri.

Im Kanton Waadt sind auf Gemeindeebene auch Ausländerinnen und Ausländer mit der Niederlassungsbewilligung C stimm- und wahlberechtigt. An den kommunalen Wahlen vom 13. März 2011 kandidierten mindestens 42 Albanischsprachige. 11 von ihnen wurden in Gemeindeparlamente gewählt.

Daneben gibt es eine Anzahl ehemalige albanische Parlamentarier und andere politische Aktivistinnen, die weiterhin im politischen und gesellschaftlichen Leben aktiv sind, darunter: Osman Sadiku, ehemaliger Kantonsrat (SP) von Glarus für die Periode 2013-2014; Hilmi Gashi, Aktivist der Grünen Partei Schweiz, ehemaliger Kandidat für den Berner Gemeinde- und Kantonsrat (Co-Leiter der Unia Berner Oberland und in vielen Vereinen in der Schweiz engagiert); Llesh Duhanaj, Präsident der CDK (Kosovarische Christlichdemokratische Gemeinschaft innerhalb der CVP); Përparim Avdyli ist Aktivist der FDP, Kandidat für die kommenden Zürcher Kantonsratswahlen; Shaban Haliti von der SP wurde in die Schulpflege von Opfikon-Glattbrugg ZH gewählt, etc. 

Aktuelle Kandidaten für das eidgenössische Parlament

Herolinda Avdyli (CVP)

Blerim Bunjaku (EVP)

Arbër Bullakaj (SP)

Etrit Hasler (SP)

Bashkim Rexhepi (Secondo)

Besar Matoshi (SP)