Integration

Anerkennung für Rinor Abazi: Ehrung vom Bund für herausragende Arbeit zu Demokratie und Gesellschaft

Rinor Abazi wurde mit dem angesehenen "Demokratie und Gesellschaft" Reifepreis der Stiftung für Demokratie in Bern ausgezeichnet. Die Anerkennung seiner Forschung durch ehemalige und aktuelle Mitglieder des Schweizer Bundesrates und Ständerats erfüllt ihn mit Dankbarkeit und Stolz

Wie würden Sie sich selbst beschreiben?

Mein Name ist Rinor Abazi (18), ich wohne im Kanton Bern, komme aber ursprünglich aus Therandë, Kosova. Ich habe soeben das französische Gymnasium in Biel/Bienne mit einer “sehr guten” Auszeichnung abgeschlossen, da ich einen Gesamtdurchschnitt von 5,4 hatte. Ich hatte Wirtschaft und Recht als Wahlfach und werde mein Studium im Bereich der Wirtschaftswissenschaften an der Universität St. Gallen weiterführen. Zudem habe ich an Debattierwettbewerben wie dem Schweizer Wettbewerb “Jugend debattiert” teilgenommen und regionale Erfolge erzielt.

Was waren Ihre Beweggründe, eine Arbeit im Bereich soziale Gerechtigkeit und der Erforschung von Missständen zu verfassen?

Als Albaner waren wir während des grössten Teils unserer Geschichte sozialen Ungerechtigkeiten und Missbrauch ausgesetzt. Unsere Gegner haben immer versucht, diese Ungerechtigkeiten vor der Welt zu verbergen, und es ist ihnen gelungen, uns grösstenteils zum Schweigen zu bringen, aber jetzt denke ich, dass wir handeln und uns auch auf akademischer Ebene verteidigen müssen, vor allem, wenn es immer noch Ungerechtigkeiten wie die Passivierung von Wohnadressen von Albanern (gezielte politisch-statistische Vernachlässigung von Bürger:innen einer Minderheit) gibt, während wir sprechen. Ich glaube, wir sollten nicht länger zulassen, dass andere unsere Geschichte schreiben, wie sie es in den letzten vier Jahrhunderten getan haben. Stattdessen müssen wir uns selbst behaupten und Gerechtigkeit für das Unrecht erlangen, das andere uns so lange angetan haben, indem wir schreiben und der Welt von dem Missbrauch berichten, dem einige unserer Landsleute ausgesetzt sind. Ich hatte die Gelegenheit, im Rahmen meiner Maturaarbeit über ein solches Thema zu schreiben, und das habe ich getan.

Wie fühlen Sie sich angesichts der Anerkennung, die Sie von hochrangigen Politikern erhalten haben?

Ich fühle mich sehr geehrt und bin dankbar, dass mein Werk von hochrangigen Politikern in der Schweiz anerkannt wurde. Es erfüllt mich mit grossem Stolz zu wissen, dass meine Arbeit bei Personen, die in der Schweiz wichtige Positionen innehaben, Anklang gefunden hat.

Diese Anerkennung hat eine besondere Bedeutung, weil sie nicht nur den Wert meiner Forschung unterstreicht, sondern auch die Bedeutung, die diese Politiker der Gerechtigkeit und der Demokratie beimessen, selbst wenn sie über die Grenzen der Schweiz hinausgeht.

Was hat Sie dazu motiviert, die schweigende administrative ethnische Säuberung in Südserbien zu erforschen und darüber aufzuklären?

Ich habe beschlossen, mich mit diesem Thema zu befassen, da es der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt ist und es sich um eine eher zwielichtige Praxis handelt, die lange Zeit aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwunden ist. Ich selbst habe zum ersten Mal von diesem Thema erfahren, dank einer albanischen Geschichtssendung mit dem Titel “Gjurmë Shqiptarë” (“Albanian Traces/Footprints” auf Englisch), in dem Reporter dieses Phänomen direkt in der betroffenen Region untersuchten. Diese fragwürdige und sehr gut versteckte Praxis weckte mein Interesse an einer weiteren Untersuchung der Geschehnisse und führte schliesslich zu dieser Arbeit. Meine Hauptmotive für diesen Artikel waren die Aufdeckung und Sensibilisierung für eine Praxis, die es nicht mehr geben sollte, insbesondere im Jahr 2022.

Ich wollte mit dieser Arbeit vor allem einen Beitrag zur albanischen Sache leisten, denn über solche Ungerechtigkeiten wird nicht einmal von den Albanern selbst viel gesprochen. Tatsächlich wissen die meisten Albaner entweder nichts von diesem grossen Thema oder es ist ihnen einfach egal, da es sie nicht direkt betrifft. Daher wollte auch ich das Bewusstsein für ein Thema schärfen, das den meisten Menschen unbekannt ist, und es scheint, dass wir langsam, aber sicher Erfolg haben, denn am 6. Juli 2022 wurde im Europäischen Parlament eine neue Entschliessung verabschiedet, in der das Thema der Passivierung albanischer Wohnadressen erwähnt wird. Nach einem Jahrzehnt der Nachlässigkeit ist dies endlich ein erster Schritt in die richtige Richtung seitens der internationalen Gemeinschaft.

Wie glauben Sie, dass solche Auszeichnungen und Forschungsarbeiten dazu beitragen können, das Bewusstsein für soziale Ungerechtigkeiten zu schärfen und positive Veränderungen herbeizuführen?

Solche Auszeichnungen und Forschungsarbeiten spielen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, das Bewusstsein für soziale Ungerechtigkeiten zu schärfen und positive Veränderungen anzustossen. Durch die Anerkennung und Ehrung von Personen, die sich der Erforschung und Bewältigung gesellschaftlicher Probleme widmen, unterstreichen diese Preise die Bedeutung der Forschung als Katalysator für den gesellschaftlichen Wandel.

Erstens bin ich der Meinung, dass diese Preise die Aufmerksamkeit auf die spezifischen Forschungsbereiche lenken, die ausgezeichnet werden, und ein Schlaglicht auf soziale Ungerechtigkeiten werfen, die andernfalls vielleicht unbemerkt geblieben wären oder übersehen worden wären. Sie schaffen Plattformen für die Diskussion und Verbreitung der Ergebnisse und ermöglichen es einem breiteren Publikum, sich der Herausforderungen bewusst zu werden, mit denen marginalisierte Gemeinschaften oder unterrepräsentierte Gruppen konfrontiert sind.

Ausserdem bin ich der Meinung, dass Auszeichnungen und Forschungsarbeiten einen Welleneffekt auslösen können, der andere dazu inspiriert, Massnahmen zu ergreifen und zu einem positiven Wandel beizutragen. Wenn Menschen sehen, dass ihre Mitmenschen für ihre Bemühungen zur Beseitigung sozialer Ungerechtigkeiten anerkannt werden, weckt dies ein Gefühl der Möglichkeit und motiviert andere, sich der Sache anzuschliessen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Auszeichnungen und Forschungsarbeiten wie diese die Macht haben, das Bewusstsein für soziale Ungerechtigkeiten zu schärfen und positive Veränderungen auf verschiedene Weise voranzutreiben. Sie lenken die Aufmerksamkeit auf kritische Themen, verstärken die Stimmen der Forscher, inspirieren andere zum Handeln und Fördern die Zusammenarbeit und den Dialog. Durch die Anerkennung und Ehrung derjenigen, die sich der Erforschung und Beseitigung sozialer Ungerechtigkeiten widmen, tragen diese Preise zum Aufbau einer gerechteren Gesellschaft bei.

Welche Botschaft möchten Sie speziell an Eltern und Lehrpersonen für Heimatliche Sprache und Kultur, wenn es um die Bedeutung von Zweisprachigkeit und historisches Bewusstsein für die Zukunft der Diaspora geht?

Den Eltern und den Lehrkräften für albanische Sprache und Kultur möchte ich die grosse Bedeutung der Zweisprachigkeit und des Geschichtsbewusstseins für die Zukunft der albanischen Diaspora in der Schweiz und darüber hinaus verdeutlichen.

Die Zweisprachigkeit spielt eine wichtige Rolle bei der Bewahrung des reichen kulturellen Erbes des albanischen Volkes. Unsere Sprache macht uns einzigartig und stolz darauf, Albanerinnen und Albaner zu sein. Indem wir dafür sorgen, dass die jüngere Generation die albanische Sprache neben der in ihrem Umfeld vorherrschenden Sprache beherrscht, ermöglichen wir ihr, sich mit ihren Wurzeln zu verbinden und ein starkes Identitätsgefühl zu entwickeln. Die Zweisprachigkeit ermöglicht es dem Einzelnen, die Unterschiede zwischen den Generationen zu überbrücken und erleichtert die Weitergabe von kulturellem Wissen, Werten und Traditionen.

Auch das historische Bewusstsein ist für die Zukunft der albanischen Diaspora von entscheidender Bedeutung. Das Verständnis für die Geschichte, die Kämpfe und die Errungenschaften unserer angestammten Gemeinschaft ist für die Bewahrung unserer kulturellen Identität und die Stärkung künftiger Generationen von entscheidender Bedeutung. Geschichtsbewusstsein hilft dem Einzelnen, Stereotypen zu hinterfragen, Diskriminierung zu bekämpfen und ein eigenes Bild zu zeichnen, das unseren Erfahrungen entspricht. Indem wir uns unsere Geschichte zu eigen machen, schaffen wir in der albanischen Diaspora ein Gefühl der Widerstandsfähigkeit, des Stolzes und der kulturellen Kontinuität. Wir vergessen nicht, woher wir kommen.

Lieber Rinor Abazi vielen Dank für das Interview und im Namen von Albinfo viel Erfolg für die Zukunft.

Driter Gjukaj