Themen

Dzevrije Zendeli: Die Schweizer Wirtschaft wird besser als erwartet mit Krisen umgehen

Dzevrije Zendeli arbeitet als Rechtsanwältin bei der Anwaltskanzlei WalderWyss Rechtsanwälte in Zürich und ist Mandatsleiterin im Corporate/M&A Team. Neben nationalen und internationalen Mergers & Acquisitions, also Transaktionen im Unternehmensbereich, fokussiert sie sich auf Kapitalmarkt-, Gesellschafts-, Vertrags- und Arbeitsrecht.  

Sie ist Sponsorin der swissalbs Veranstaltung, 26 November, 2022. albinfo.ch ist Mediensponsor.

Frau Zendeli, nach dem Rekordjahr 2021 boomen der globale und auch der Schweizer M&A-Markt weiter. Wie erklären Sie sich diesen Boom? 

Mit Beginn der Corona-Pandemie wurden viele Transaktionen auf Eis gelegt oder ganz abgebrochen. Seit 2021 besteht darum einen Nachholbedarf, der immer noch anhält.  

Während die grenzüberschreitenden M&A’s (In- und Outbound) auch dieses Jahr um 25% gewachsen sind, sinken die reinen Inland-M&A’s. Warum? 

Hauptgrund sind meines Erachtens die aktuellen Wechselkurse: Darum sind Zielunternehmen im Ausland attraktiver als solche in der Schweiz, die für ausländische Investoren gerade immer teurer werden.  

Wann rätst du einer KMU-Unternehmerin und einem KMU-Unternehmer zu einem M&A? 

Dies ist in erster Linie eine wirtschaftliche Frage und nicht eine juristische. In der Regel entschliesst sich ein Unternehmen zu einer Fusion oder Übernahme, wenn eine solche wirtschaftlich Sinn macht, also wenn diese etwa die strategische Ausrichtung eines Unternehmens schärft, zu einer Verbesserung der Liquidität oder zu sonstigen Synergien führt. 

Die Erwartungshaltung Schweizer CFOs – dies hat eine Umfrage von Deloitte gezeigt – ist für das Jahr 2023 wenig optimistisch. Was sind deine Erwartungen?  

Aufgrund des Kriegs in der Ukraine und der damit verknüpften Energiekrise und Inflation sind die Prognosen für das Jahr 2023 tatsächlich weniger optimistisch als noch vor einem Jahr. Dennoch glaube ich, dass die Schweizer Wirtschaft besser als erwartet mit diesen Krisen umgehen wird. 

Und wie wirkt sich das von dir prophezeite Szenario auf den M&A Markt aus? 

Unternehmenskrisen wie exemplarisch Liquiditätsengpässe können zu Umwälzungsprozessen führen, was den M&A Markt belebt.  

Welche wirtschaftliche Grosswetterlage ist eigentlich attraktiver für eine Anwaltskanzlei: Deflation oder Inflation, Boom oder Krise? 

Es stellen sich je nach wirtschaftlicher Lage andere rechtliche Fragenkomplexe.  Grundsätzlich dürfte ein Boom aber für das klassische M&A-Geschäft vorteilhafter sein, da in der Regel die Anzahl und das Volumen der Transaktionen höher ist. 

Auch reagieren die Klienten zu Boom Zeiten weniger preissensibel auf Honorarrechnungen. 

Eine Unternehmerin hat Ziele. Hat man die als Anwältin auch?  

Selbstverständlich. Ich habe meine eigenen Ziele dann erfüllt, wenn mein Klient mit dem erzielten Ergebnis zufrieden ist. 

Fühlst du dich als Anwältin in der Anwaltsbranche gleichberechtigt? 

Ja, in meiner Kanzlei voll und ganz. Ich denke aber, dass Gleichberechtigung und Diversifikation in der Anwaltsbranche – wie in anderen Branchen auch – wichtige Themen sind, an denen gearbeitet werden muss. Fakt ist, dass viele Klienten Wert darauf legen.  

2012 war das Wort “Weissgeldstrategie” das Unwort des Jahres. Der Bankenplatz hat sich in der Folge gleichwohl darauf verständigt. Welche Auswirkungen hatte dies auf die Anwaltsbranche?   

Generell ist eine Tendenz zu zunehmender Regulierung in der Finanzbranche feststellbar, was einher geht mit einem steigenden Bedarf an juristischer Beratungstätigkeit. 

Wie weiss ist die Anwaltsbranche? Oder anders gefragt: Wie prüfen moderne Anwaltskanzleien wie WalderWyss Kunden und Mandate? 

Wir identifizieren und überprüfen Neukunden und Bestandskunden stetig auf der Basis geldwäscherechtlicher Anforderungen. Diesen Prozess nennt man KYC, «Know Your Customer». Auch sind Bargeldzahlungen unserer Honorare nicht möglich.  

Jede Anwältin, jeder Anwalt träumt von seinem Once-A-Lifetime-Case. Frei nach Columbo – was wäre dein Traumfall? 

Es wäre sehr verlockend, eine der involvierten Parteien bei einer Mega-Fusion oder Mega-Übernahme zu beraten. Oder die Vertretung der Interessen einer Partei innezuhaben, die zu einem bahnbrechenden Entscheid oder Urteil führt.  

Frau Zendeli, ganz herzlichen Dank für das Gespräch.