Integration

Ihren Schweiss vergiessen sie im Ausland, das Geld fliesst nach Kosova

Die kosovarischen Emigranten schicken noch immer auch den letzten Rappen nach Kosovo

Als ich einmal mit dem Tram durch die Strassen von Wien fuhr, hörte ich einen Landsmann,  der, kaum war er ins Tram gestiegen, mit einem Freund am Telefon zu sprechen begann. “O Asllan mein Freund, könntest du mir nicht, mein guter Freund, 300 Euro finden bis Ende Monat, denn ich hab alles Geld meinem Bruder in Kosova geschickt. Ich hab keinen Cent für meine Familie zurückbehalten …”, waren ein Teil seiner Worte, mit welchen dieser Landsmann sein Leid dem Freund klagte. Fälle wie seinen, wo unsere Emigranten auch noch den letzten Rappen in die Heimat schicken, gibt es  unzählige unter den albanischsprachigen Landsleuten in den verschiedenen Ländern Europas.

Alles was ich im Ausland verdiente, schickte ich nach Kosovo

Jetish Durmishi, der in Wien lebt, gehört zu jenen Kosovaren, die schon 1984 den Weg in die Emigration nahmen und in verschiedenen Ländern arbeiteten. Jetish arbeitete in Dubrovnik, in Deutschland, Griechenland, und wanderte 1998 zusammen mit seiner Familie nach Österreich aus. “Alles was ich je in meinem Leben verdient habe, habe ich in Kosova investiert. All mein eigenes Erspartes, dasjenige meiner Frau und dasjenige meiner Kinder, alles haben wir in die Heimat geschickt”, sagt er und erzählt, dass er während der Zeit, wo er Emigrant in Deutschland war, 28 Kilogramm abgenommen hatte.

Doch die schwierige Lage Kosovos und dessen Regierung und Verwaltung seit dem Krieg brachten Jetish zur Verzweiflung. “Nie im Leben hätte ich geglaubt, dass die Albaner nach dem Krieg unehrlich, zu Verrätern, zu Dieben werden, die den eigenen Staat bestehlen, die die Bevölkerung, die Emigranten plündern, und die sich für nichts anderes als ihre eigene Tasche interessieren”, sagt Durmishi, dem es leid tut, dass er nun gar nichts sparen konnte, was er seinen Kindern hinterlassen könnte. “In meinem Leben habe ich alles für die andern gemacht, für Kosovo, und heute habe ich nichts, was ich meinen Kindern vererben könnte”, sagt er gegenüber albinfo.ch.

Durmishi glaubt nicht, dass die neuen Generationen die Tradition ihrer Väter und Mütter weiterfühen  und das gesparte Geld nach Kosova schicken werden. Er denkt, dass die jungen Generationen im Land der Emigration zur Schule gegangen sind und anders denken. Sie orientieren sich eher danach, ihr Erspartes in dem Land zu investieren, wo sie leben, indem sie Unternehmen und Firmen gründen. “Niemand hat Geld zum Wegwerfen und zum Tribut zahlen. Die Jungen haben die Situation in Kosovo gesehen und begriffen, dass sie, solange diese Misswirtschaft weitergeht, in Kosovo nichts mehr zu investieren haben”, sagt er.

Das Geld der Emigrantinnen ist der einzige Weg, die Armut in Kosova zu senken

Gasper Markaj, vor mehr als zwei Jahren nach Österreich gekommen, sagt, er versuche, alles Ersparte seiner Familie in Kosova zu schicken. “Das Leben, das wir neuen Generationen in der Emigration leben, bietet weniger Möglichkeiten zum Sparen als dasjenige der alten Generationen. Doch trotzdem versuchen wir, unseren Familien in Kosova so gut wie möglich zu helfen”, sagt er zu albinfo.ch .

Gemäss Markaj sind die Geldüberweisungen der Emigranten der einzige Weg, sich aus dieser Situation und aus der Armut, die Kosova erlebt, zu retten. “Kosova gerät in eine schwierige wirtschaftliche Lage, die Arbeitslosigkeit ist sehr gross. Wir sind die einzigen, die unseren Familien wenigstens ein bisschen helfen können, diese Wirtschaftskrise zu überstehen.”

Diaspora soll in neue Arbeitsplätze investieren

Eine etwas andere Meinung, wie Kosovo geholfen werden sollte, hat der albanische Geschäftsmann Faton Luma, der die Firma Rebacon GmbH in Österreich leitet.
Er sagt, Kosova müsse nicht mit Rimessen geholfen werden, sondern es sollten Unternehmen gegründet werden, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. “Ich denke, wir jungen Generationen sollten nicht den Weg unserer Eltern weitergehen, die arbeiteten und Geld nach Kosova schickten und Häuser bauten, die unbenutzt bleiben. Ich denke, die Diaspora hat genug Wohninfrastruktur aufgebaut, jetzt müssen wir dafür sorgen, dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden. In der Diaspora ist ausreichend Wille und Kapazität vorhanden, um die Wirtschaft Kosovas zum Leben zu erwecken”, sagt er.

Der Geschäftsmann Luma ist bereit, in Kosovo zu investieren, doch er verlangt, dass die Politik die Finger von den Unternehmen lässt. “Die Politik muss die Finger von den Firmen lassen. Sobald die Politik sich in die Geschäftswelt einmischt, gibt es kein Geschäft mehr. Die Politik muss den Investoren die Wege öffnen, aber das Geschäftsleben darf nicht von der Politik abhängen”, sagt er zu albinfo.ch.

Jedenfalls wird gemäss Fachleuten der kosovarischen Wirtschaft davon ausgegangen, dass die Republik Kosovo allein diesen Sommer dank der Emigranten rund 700 Millionen Euro gewinnen wird.

Das Geld der Emigrantinnen und Emigranten, das diese nach Kosova bringen, bedeutet mitunter eine der grössten Hoffnungen für das Wohlergehen der Bevölkerung, die Entwicklung von Unternehmen und die Senkung der Armut.