Vlashent Sata “Kämpfe darum, ein guter Mensch zu sein, dann wirst du umso freier sein”

Vlashent Sata, eine künstlerische Identität, die Wurzeln mit zeitgenössischer Ästhetik vereint. Interview mit dem Künstler, der frankophone Feinheit mit albanischer emotionaler Tiefe verbindet.

Auf der zeitgenössischen albanischen Musikszene gibt es nur wenige Stimmen, die einen so reinen und zugleich zurückhaltenden emotionalen Raum schaffen können wie Vlashent Sata. Künstlerisch in Frankreich geprägt, in einer Kultur, die Feinheit, Suche und ästhetisches Denken fördert, hat er eine Identität aufgebaut, die sich durch Klarheit, Reife und natürliche Originalität auszeichnet. Seine Musik bewegt sich zwischen Stille und Klang, zwischen der Nostalgie albanischer Wurzeln und der Eleganz der frankophonen Schule und schafft eine Sprache, die berührt und lange nachhallt.
In diesem Porträt Interview verbinden sich seine inneren Erzählungen mit den aufrichtigen und tiefgehenden Antworten des Künstlers und geben einen vollständigen Einblick in die Welt, die ihn formt und inspiriert.

Die Anfänge und die Ausbildung

Photo: Rromir Imami

Vlashent Satas Weg zur Musik nahm Gestalt in den Hörsälen von Bordeaux und später von Paris an, wo er sich dem Studium des Klaviers und der klassischen Musik widmete. Genau dort erkannte er, dass Kunst nicht nur im erzeugten Klang liegt, sondern auch in den bedeutungsvollen Zwischenräumen, in jenem unsichtbaren Raum, der Rhythmus, Emotion und den Atem des Schaffens trägt. Diese früh gewonnene Sichtweise gehört bis heute zu den grundlegenden Säulen seiner Denk und Interpretationsweise.

albinfo.ch: Wie erinnern Sie sich an den Beginn dieser Reise von Albanien nach Frankreich?
Vlashent Sata: Die klassische Musik hat mich auf die tiefste Weise geprägt. Sie lehrte mich, die Stille ebenso wie den Klang zu hören und zu verstehen, dass jeder Ton eine Geschichte in sich trägt. ” Der Interpret muss Erzähler, Architekt und Dichter sein.” Frankreich gab mir diesen Ansatz, die Gesamtheit des musikalischen Denkens und den Respekt für die Form.

Vlashents frühe musikalische Erzählung war nicht nur eine technische Ausbildungsphase, sondern wurde zu einem Weg ästhetischer Bildung und innerer Reflexion, der ihn in jeder Komposition und Interpretation begleitet. Für ihn war Musik nicht nur ein Beruf, sondern ein Mittel, die Welt um ihn herum zu verstehen, Emotionen zu messen und jedem Klang eine bewusste und durchdachte Bedeutung zu geben.

Die Aufnahme in Frankreich und der frankophone Einfluss

Photo: Rromir Imami

Für Vlashent ist Paris mehr als nur eine Stadt, es ist ein kultureller Horizont. Ein weltweites Zentrum, in dem Sprachen, Formen und Ästhetiken auf natürliche Weise nebeneinander bestehen und eine Atmosphäre schaffen, die den Künstler nährt. Gerade in diesem offenen Raum fand seine albanische Musik eine warme und aufrichtige Aufnahme, ein Beweis dafür, dass echte Emotion die Sprachgrenze leicht überwindet.

albinfo.ch:Wie wurde Ihre Musik in Frankreich aufgenommen?
Vlashent Sata: Paris ist ein Labor der Kulturen. Selbst wenn die Texte auf Albanisch sind, reist die Emotion allein. “Auch wenn das Publikum die Worte nicht versteht, findet die Emotion ihren Weg.” Dort wurde meine Musik mit Aufrichtigkeit aufgenommen, weil die Verbindung zwischen Wort und Klang sehr stark ist.

Frankreich hat ihr eine neue ästhetische Schicht verliehen: intellektuelle Suche, Klarheit, Feinheit.

Identität zwischen zwei Welten

Photo: Rromir Imami

albinfo.ch: Wie erleben Sie heute Ihre Identität zwischen Albanien und Frankreich?
Vlashent Sata: Albanien ist die Wurzel, die Sehnsucht, die Erinnerungen. Frankreich ist die elegante Art, diese Gefühle in Kunst zu verwandeln. ” Albanien ist meine Nostalgie, Frankreich ist ihre Eleganz.” Beide sind untrennbare Teile von mir.

Diese Verbindung bildet das Herz seiner Musik: eine ruhige Synthese zwischen Gefühl und Form, in der Zugehörigkeit sich auf natürliche Weise mit dem Universellen verbindet. In diesem inneren Gleichgewicht erschafft Vlashent eine künstlerische Sprache, die tiefe Wurzeln trägt und zugleich mit einer Feinheit spricht, die Zeit und Grenzen überwindet.

Originalität und Inspiration

albinfo.ch: Woher kommt dieser so persönliche Ausdruck Ihrer Musik?
Vlashent Sata: Ich glaube, jeder echte Künstler ist im Kern persönlich. “Wenn du nicht aufrichtig bist, kannst du das Universelle nicht erreichen.” Originalität ist kein Ziel, sondern das Ergebnis einer inneren Erfahrung.

Für ihn entsteht Inspiration im Menschen, in den sensiblen Beziehungen, in den kleinen Gesten, die oft unbeachtet bleiben und doch eine ganze emotionale Welt in sich tragen, in Erinnerungen, die leise die ersten Melodien wecken und zum Keim eines neuen Liedes werden.

” Zâ Festi ” – Identität und Wurzeln

Foto: Rromir Imami

albinfo.ch: Was macht ” Zâ Festi ” so besonders?
Vlashent Sata: Seine Identität. ” Das Publikum kann man nicht kaufen. Es spürt, wenn du echt bist.” Das Festival ist ein Raum, in dem sich die Menschen geistig befreien und sich mit ihren Wurzeln verbunden fühlen.

” Zâ Festi ” ist zu einem Symbol geworden, das Tradition und Moderne verbindet und dem Publikum ein seltenes ästhetisches Erlebnis bietet.

Das Konzert in Bern, ein besonderer Abend, der im Gedächtnis bleibt

 

Photo: Rromir Imami

Das Konzert in Bern wurde zu einem der bewegendsten Momente seines künstlerischen Weges in der Schweiz. An diesem Abend zeigte sich das albanische Publikum offen, emotional und authentisch. Eine wichtige Rolle spielte die Organisation und Koordination all jener Elemente, die das Konzert zu einem unvergesslichen Erlebnis machten.

albinfo.ch: Wie haben Sie diesen Abend erlebt?
Vlashent Sata: Es war ein außergewöhnlich schöner Abend. Das Publikum gab mir eine Energie, die ich nie vergessen werde. ” Fünfzigjährige Männer sagten mir, dass sie zum ersten Mal bei einem Konzert geweint haben.” Das ist die Kraft der Musik, sie schafft eine gemeinsame Umarmung zwischen den Menschen. Ich möchte auch Anjeza Shyti Elmazi danken, die ein wesentlicher Teil dieses Weges wurde. Ihr Beitrag zur Organisation war wertvoll und trug dazu bei, dass alles mit so viel Harmonie und Professionalität erlebt wurde.

Das Lied ” Babë ” – ein persönliches Denkmal

albinfo.ch: Was bedeutet ” Babë ” für Sie?
Vlashent Sata: Es ist eines der stärksten Lieder, die ich geschrieben habe. Ich sang es meinem Vater über eine Skype Verbindung vor. ” Er sagte mir, dass er nicht alle Worte verstanden habe, aber sich dem Wort ‘babë ” hingab.” Dieses Lied ist Erinnerung, Licht und bedingungslose Liebe.

Pläne, Vision und persönliche Philosophie

Photo: Rromir Imami

Sata äußert den Wunsch, wieder Konzerte im Kosovo, in Albanien, in Nordmazedonien und darüber hinaus zu geben.
Er definiert Glück ganz einfach: ” Glück ist, wenn mir jemand sagt: du hast mich lebendig fühlen lassen.”

Auch außerhalb der Bühne bleibt er derselbe: sensibel, bescheiden und bestrebt, sich weiterzuentwickeln. Seine Philosophie fasst sich in dem inzwischen bekannten Vers zusammen: “Kämpfe darum, ein guter Mensch zu sein, dann wirst du umso freier sein.”

Am Ende dieses Interviews zeigt sich Vlashent Sata als ein Künstler mit gefestigtem Profil, der eine reife und beständige Herangehensweise an die Musik pflegt. Seine Reflexionen offenbaren einen Schöpfer, der die ästhetische Erfahrung der französischen Schule mit seiner albanischen Zugehörigkeit kunstvoll verbindet und so eine unverwechselbare und beständige künstlerische Identität formt.
Seine klare Ausdrucksweise, seine berufliche Integrität und seine ästhetische Vision zählen ihn zu den ernsthaftesten und einflussreichsten Stimmen unserer zeitgenössischen Musik und machen ihn zu einem bedeutenden Beitragenden der albanischen Kulturszene.

Interview von Luljeta Ademi

 

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