Albanien jenseits des Meeres

Wandern und Berge vom Norden bis in den Süden

Theth und Valbona verdanken ihren Weg in den Tourismus dem Enthusiasmus und der Zuversicht einiger visionärer Pioniere

Schwierig zu sagen, ob Theth noch ein verborgenes Reiseziel in Europa oder ob es etabliert, eine Perle Albaniens, ein Must-see ist. Es gibt keine Bewertungsstandards dafür. Wie dem auch sei, die Bjeshkët e Nemuna – die Verwunschenen Berge – sind auf jeden Fall eine Destination, die einen schönen Mix aus Verborgenheit und Standardhotelleriedienstleistungen bietet.

Theth und Valbona als die beiden Hauptzentren Nordalbaniens für Ferien in den Bergen haben ihren Weg in den Tourismus einigen visionären Pionieren zu verdanken, die einst ihre Schlafzimmer vermieteten und dann fortfuhren mit der Einrichtung moderner Badezimmer und so weiter, und während die Touristen immer mehr zunahmen, bauten sie Professionalität und das Angebot in den Gasthäusern aus.

Die beiden Pioniere des Nordens: Kola und Pavlin

Die beiden Dörfer haben auch je ihren eigenen Helden. Kolë Gjoni von Valbona baute Unterkünfte in Valbona zu einer Zeit, als es dort nur Auswanderung gab. Die Nachbarn sagten ihm: “Hej Kolë, wirf das Geld doch in den Fluss, das kommt auf das Gleiche heraus wie in Valbona zu bauen!”

Im Nachbartal ist es Pavlin Polia, der die Fahne des Toursimus in die Hand nahm und jetzt nebst dem Gasthaus auch Touristengruppen managt, die in der Gegend reisen. Pavlin, dessen Familie grösstenteils in den USA lebt, musste auf seinem Weg zum Tourismusbetreiber einen schweren Rückschlag erleiden: Sein Haus brannte vollständig nieder. Er baute es jedoch wieder auf. Die Gastfreundschaft, die er seinen Gästen hatte angedeihen lassen, führte zu einer Sammelkampagne für den Wiederaufbau.

Die Zunahme des Tourismus im Norden Albaniens mit Hilfe eines Projekts, das sich “Peaks of the Balkans” nennt, belebte die ganze Region. Es stärkte Plava und Gucinë in Montenegro und die Berggebiete von Rugova und Deçan in Kosova, welche mitbeobachteten, wie Kolë und Pavlin die Voraussetzungen für einmalige Erlebnismöglichkeiten bei Gipfelbesteigungen im Balkan schufen.

Die Geschichte dieser epischen Reise in den Albanischen Alpen hat sich nun herumgesprochen: Es wurde davon in der New York Times, im Independent, der Financial Times, im Guardian berichtet. Die breite Berichterstattung über die verborgenen Berggebiete hat unterdessen bewirkt, dass der Norden Albaniens nicht mehr ganz so verborgen ist. Doch trotzdem gibt es hier noch immer von den Massen der Touristen unberührte Gebiete.

Es gibt immer noch unberührte Gebiete

Der Guide Adriatik Gacaferi, der schon Dutzende von Gruppen herumgeführt hat, sagt, Gebiete, die noch kein Tourist betreten hat, gibt es in diesen Bergen auf jeden Fall.

“Da ist das Gashital, ein unberührtes Gebiet, durch das kein einziger Pfad führt. Dort befinden sich einige der ältesten Wälder der Welt, seit letztem Jahr von der UNESCO geschützt. Solche Zonen gibt es in Polen und Deutschland, und zum Glück auch in Albanien”, erzählt Adriatik, der dieses Gebiet aus Neugierde erkundet hat.

“Immer bin ich hin- und hergerissen, ob ich mit Touristen dorthin gehen oder jene Wälder in Ruhe lassen soll.”

Adriatik erzählt weiter von den verborgenen Gipfeln des Balkans:

“Es gibt das Dorf Qereq, ein verborgener Ort in Nordalbanien. Ein Dorf auf nur 800 m ü. M., umringt von fünf Gipfeln alle über 2500 m ü. M.”
Qereq befindet sich südlich von Theth und Valbona. Zusammen mit den Dörfern Curraj i Epërm und Lepushë beherbergt es die verborgenen Gipfel des Balkans, die weit weg von den  Touristen bleiben, die nur nach Theth kommen, um Kullas und Gipfel anzuschauen, ohne Wandererlebnis.

Der Korab und Peshkopia

Die spitzigen Gipfel der Bjeshkët e Nemuna könnten von der Schönheit der trockeneren und rundlicheren Berge wie jene des Korabgebirges herausgefordert werden. Dieses schliesst in Makedonien an Popova Shapka und in Kosova an das Shargebirge an.

Das Korabgebirge wurde von den Experten der GIZ (Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) bearbeitet, doch kann es sich noch nicht mit dem Ruf der Albanischen Alpen messen. Über den Verwunschenen Bergen liegt auch bis heute das mystische Licht des Kanuns, der Blutrache und des grossartigen Werkes des bekantesten albanischen Schriftstellers, Der zerrissene April von Ismail Kadaré.

Den Aufstieg auf den Korab, den höchsten Gipfel des gleichnamigen Gebirges, bieten viele Betreiber an, für längere Wanderungen jedoch ist es schwierig, ein Angebot zu finden. Deshalb sagt Nol Krasniqi von “Balkan Natural Adventure”: “Für uns als Reisebüro ist es einfacher, eine Destination zu verkaufen, die bereits in den internationalen Medien erschienen ist. Orte wie das Peshkopiagebirge, das ans Sharrgebirge anschliesst, liegen weiter weg, doch wir bieten auch für dorthin Dienstleistungen an.”

Der Süden, Wanderungen in der Wärme

Normalerweise unterteilen die Touristen Albanien in den Norden für Berge und Wandern und den Süden fürs Meer. Das stimmt  jedoch nicht ganz. Während der Norden sich mit mehreren Stränden wie Shën Gjin und Durrës brüsten kann, lässt sich der Süden nicht lumpen mit Bergwanderungen vor allem in der Zeit, wo der Norden tief abgeschieden im Schnee liegt.

Gesellschaften wie “Sipa Tours” und “Balkan Natural Adventure” bieten von Februar bis April Wanderungen mit Blick aufs Meer an. In dieser Jahreszeit erfreuen Sie sich hier eines milden Klimas und des Meerespanoramas sowie totaler Flucht vor kontinentaleuropäischer Kälte und dem Massentourismus in den Wintersportorten. (Sieh auch: www.bnadventure.com. )

Kolë, der in Valbona baute

Kolë Gjoni aus Valbona baute Unterkünfte in Valbona zu einer Zeit, als es dort nur Auswanderung gab. Die Nachbarn sagten ihm: “Hej Kolë, wirf das Geld doch in den Fluss, das kommt aufs Gleiche heraus wie in Valbona zu bauen!”

Süden und Norden ergänzen einander

Normalerweise unterteilen Touristen Albanien in den Norden für Berge und Wandern und den Süden fürs Meer. Das stimmt jedoch nicht ganz. Während der Norden sich mit mehreren Stränden wie Shën Gjin und Durrës brüsten kann, lässt sich der Süden nicht lumpen mit Bergwanderungen vor allem in der Zeit, wo der Norden tief abgeschieden im Schnee liegt.

(Übersetzung auf deutsch: Sarah Grettler)

Photos: Ken Spencer


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