Religion

Ein albanischer Priester baut Brücken zwischen den Religionen

Don Marjan Marku arbeitet seit rund einem Jahr in der Katholischen Kirche der Schweiz. Im Gespräch mit albinfo.ch spricht er über seine Erfahrungen in der Mission, über den interreligiösen Dialog, über die Albaner in der Schweiz und anderes mehr

Don Marjan Marku ist weitherum in der albanischsprachigen Bevölkerung der Schweiz für sein Wirken bekannt, welches weit über seine erste Berufung, diejenige des Leiters einer der Zentren der Albanischen Katholischen Mission in der Schweiz, hinaus geht. Von 1999 bis 2009 – solange dauerte sein erster Aufenthalt in der Schweiz – hinterliess er mit der Gründung von drei Zentren der erwähnten Mission Spuren im gesellschaftlichen und kulturellen Leben nicht nur der Gläubigen, die er geleitet hatte, sondern der ganzen hiesigen albanischsprachigen Bevölkerung.

Deshalb war die Rückkehr Don Marjans vor etwa vier Jahren zum Dienst in Kosova auch mit Emotionen belastet gewesen und hatte eine Lücke hinterlassen.

Seit etwas mehr als einem Jahr befindet sich Don Marjan Marku nun wieder in der Schweiz. Diesmal ist er hier in der Funktion eines Pfarrers der einheimischen Kirche und nicht mehr als Missionar in der Albanischen Katholischen Mission, welche er vor vielen Jahren gegründet hatte.

An einem regnerischen Abend brechen wir zur Residenz von Don Marjan auf, nach Mühlrüti, das in den Hügeln des Unteren Toggenburgs liegt. Der albanische Pfarrer der schweizerischen katholischen Kirche erwartet uns am Bahnhof in Wil, um uns in seinem Auto mitzunehmen, denn der Weg nach Mühlrüti ist lang und führt über beschwerliches Gelände. Während der Fahrt zeigt er uns sein kleines Reich, das aus einer Handvoll grosser und kleiner Dörfer besteht, und wo er zusammen mit einem weiteren Priester seines Amtes waltet.

„Ich bin Kaplan in der Seelsorgeeinheit der Region Unteres Toggenburg, die sechs Kirchgemeinden umfasst. In dieser Einheit mit rund 6000 Gläubigen bin ich Pfarreibeauftragter, während ich in einer dieser Gemeinden, in Mosnang, verantwortlicher Pfarrer bin“, erklärt uns Don Marjan die komplexe Struktur der Pfarreigemeinde, in der er arbeitet.

„Wir arbeiten in einem Team von sechs Theologen, zwei von uns sind Priester, drei sind Laien. Wir sind in allen Bereichen als Team organisiert. In Mosnang, wo ich verantwortlicher Pfarrer bin, gibt es 1700 Gläubige. Ich wohne jedoch in Mühlrüti, ein Dorf im Dreieck zwischen den Kantonen St. Gallen, Thurgau und Zürich“, erzählt er weiter.

Die Erklärung Don Marjans, wie er zu seiner neuen Rolle in der Schweiz kam, ist einfach: „In der katholischen Kirche der Länder des Westens gibt es in letzter Zeit einen Priestermangel. Das war auch der Hauptgrund, weshalb ich hierhin berufen wurde. Man muss wissen, dass wir in Kosovo Gott sei Dank, gemessen an der Zahl der katholischen Gläubigen, genügend Priester haben. Unter diesen Umständen bat der Bischof von St. Gallen den Bischof von Kosovo, Seine Exzellenz Dodë Gjergji, mich hierher dienen kommen zu lassen. Jetzt bin ich in der Diözese von St. Gallen inkardiniert, wie alle andern Priester. Die Diözese hat 142 Gemeinden und nur sechzig Priester“, berichtet er, und betont, wie wenige Menschen sich für das  Leben als geistlicher Hirte entscheiden.

Als Albaner ist Don Marjan die richtige Person für den Dialog zwischen den Religionen

Doch auch wenn er nun institutionell der Landeskirche und nicht der albanischen Mission angehört, hindert ihn das nicht, auch weiterhin einen Beitrag für die albanischsprachige Bevölkerung hier zu leisten. „Ich denke, dass es auch albanische Priester in der Schweiz braucht. Ich diene bei den Schweizern, bin aber auch im Dienst der albanischen Gemeinschaft hier. In naher Zukunft möchte ich Mitglied in jenen Kommissionen werden, die sich mit Fragen im Zusammenhang mit den Ausländerinnen und Ausländern hier befassen. Es gibt eine Kommission auf Bischofsebene und eine der Bischofskonferenz. Im Rahmen der Aktivitäten, die diese zwischen den verschiedenen Religionen ausüben, bin ich unter anderem daran interessiert, als Vermittler zwischen der einheimischen Kirche und der albanischen Gemeinschaft islamischen Glaubens zu wirken.

Bekanntlich pflegt die Katholische Kirche einen fruchtbaren Dialog und andererseits sind die meisten Angehörigen des islamischen Glaubens in der Schweiz albanischsprachig. Da auch sie zu meinem Volk gehören, glaube ich in einem solchen Kontext einen Beitrag zum Dialog zwischen den Religionen leisten zu können. Ich denke, dass dies sowohl uns Albanern als auch der Katholischen Kirche der Schweiz zum Vorteil gereicht.“

Im Verlauf seiner Arbeit bei der Albanischen Katholischen Mission hatte Don Marjan Marku bei verschiedenen Kommissionen auf landeskirchlicher Ebene mitgearbeitet. In der Diözese Basel war er im Priesterrat, der vom damaligen Bischof und heutigen Kardinal, seiner Eminenz Kurt Koch, gewählt worden war. Der albanische Priester war dort der einzige Ausländer in dieser grössten Diözese der Schweiz. Er war auch Mitglied in der Zentralen Ausländerkommission im Kanton Zürich und in der Administrativkommission im Kanton Thurgau gewesen, im Vorstand des Dekanats in Fischingen etc.

« Bekanntermassen kämpfte die Kirche hier immer für die Gleichberechtigung der Menschen, auch in religiöser Hinsicht. Auch ist bekannt, dass sie eine humane und gerechte Haltung gegenüber den Albanerinnen und Albanern, doch auch gegenüber den Muslimen und Ausländerinnen allgemein einnahm, wenn diese verschiedentlich zum Objekt von Kampagnen diverser Kreise wurden“, sagt Don Marjan. Er unterstreicht auch, dass er persönlich und im Namen der Kirche gute Beziehungen mit den Oberhäuptern der albanischen islamischen Gemeinschaft pflegt, etwa mit jenen in Wil und St. Gallen.

Gastfreundschaft und Ermutigung von Seiten der Einheimischen

« Seit meiner Ankunft im neuen Umfeld vor nunmehr etwas mehr als einem Jahr wurde ich von den Einheimischen vielleicht besser als erwartet aufgenommen. Sie wissen, dass ich Albaner bin und ich habe  auch keinen Grund, dies zu leugnen“, sagt der Priester mit fünfundzwanzig Jahren Erfahrung, der nun kürzlich in eine Schweizer Kirchgemeinde ernannt wurde. Er erzählt auch vom grossen Verständnis der Gläubigen und der Priesterkollegen für die Grenzen, die ihm seine Deutschkenntnisse, insbesondere seine Kenntnisse des Schweizerdeutschen, ab und zu setzen. „Sie ermutigen mich und sagen, ihnen würde es viel schwerer fallen, im umgekehrten Fall albanisch zu sprechen“, sagt Don Marjan augenzwinkernd.

Weiter erklärt er, dass er zu Beginn eingestellt worden sei, um als Kaplan zu arbeiten, doch sei es dann die Kirchgemeinde von Mosnang selbst gewesen, die darauf bestanden habe, ihn zum Verantwortlichen der Gemeinde zu machen.

Wenn er von seiner Arbeit in der Zeit spricht, wo er die Mission leitete, sagt er, dass seine Aufgabe das Brückenbauen gewesen sei, so die Verbindung der Albaner mit Gott, mit der Heimat beziehungsweise der Kultur des Herkunftslandes, und die Brücke, die die Albanerinnen und Albaner mit den Schweizerinnen und Schweizern verbindet, oder die Integration der Albanischsprachigen in die schweizerische Gesellschaft, ohne die mitgebrachten Werte aufzugeben.

« Ich denke, dass es auch im allgemeinen Interesse der Albaner ist, dass es mehr albanische Priester in der Schweiz gibt“, sagt Don Marjan und enthüllt uns, dass seit kurzem in der Kirchgemeinde Uster  noch ein weiterer Albaner des Priesteramtes waltet. Es ist dies Don David Xhuxhë, ein bekannter Priester von Kosova, der während rund zwanzig Jahren Journalist von Radio Vatikan gewesen war, Verantwortlicher für die Sendungen auf Albanisch. Er dient seit einigen Monaten in der Ustemer Kirchgemeinde und arbeitet dort mit italienischsprachigen Gläubigen.

Hochs und Tiefs bei der Gründung der Mission mit drei Zentren

«In die Schweiz kam ich im Januar 1999, alleine, als Nachfolger von Don Aleksandër Kolaj. Ich war Verantwortlicher für die albanischen katholischen Gläubigen in der ganzen Schweiz. Es war das Jahr des Krieges. Im Jahr 2000 kam der zweite Priester, Marjan Demaj. Dann erkannten wir die Notwendigkeit der Aufteilung in drei Zentren und reorganisierten die Mission entsprechend. 2002 stellte ich den Antrag. Mit vielseitiger Hilfe und dem Wohlwollen vor allem von Dr. Peter Plattner (dem Präsidenten der Landeskirche Thurgau) bauten wir die Mission mit drei Zentren beziehungsweise mit drei Priestern und drei Nonnen auf. Unser Gesuch an die Schweizer Bischofskonferenz hatten wir damit begründet, dass in der Schweiz rund 200‘000 Albaner lebten, von welchen rund 20‘000 katholische Gläubige   seien. Die Bischofskonferenz hiess unser Gesuch gut, betonte jedoch, dass das Geld fehle.

2002 wandte ich mich an den Kanton Thurgau. Dr. Peter Plattner sagte mir: „Wenn jene kein Geld haben, machen wir das selbst“, und offerierte uns 100‘000 Franken, um in diesem Kanton eine Mission zu eröffnen. Da wir in Luzern zwei albanische Priester waren, bat ich den kosovarischen Bischof Seine Exzellenz Mark Sopi selig, uns noch einen Priester hierhin zu schicken. Im Januar 2003 kam ich ins Zentrum der Albanischen Katholischen Mission in Sirnach. Nach meiner Ankunft hier ermöglichte uns Plattner, eine Industriehalle zum Zentrum der Mission umzugestalten, wo uns auch die Einrichtung einer Kapelle erlaubt wurde. Später beteiligten sich auch andere Kantone finanziell. In dieser Mission, also in der Mission für die Ostschweiz mit Sitz in Sirnach, fnden sich die meisten albanischen Katholiken in St. Gallen, nämlich etwa 2700, dann folgt Zürich mit 1400 und dann der Kanton Thurgau mit über 1200, etc.“

Zum Schluss äussert Don Marjan Marku den Wunsch, über unser Portal allen Gläubigen seine Wünsche zu Weihnachten und Neujahr zu überbringen, und zwar mit folgenden Worten: „Ich wünsche ein Weihnachtsfest voller Freude ob Christi Geburt und ein Neues Jahr 2014 mit Gesundheit, Friede und lauter Güte.“

Blerim Shabani