Entwicklung

Investitionen in Call-Center in Kosova

In den letzten Jahren investieren in Kosovo in beträchtlichem Umfang sogenannte Call-Center, Firmen, die Anrufe von oder ins Ausland ausführen. Allein in Prishtina gibt es deren über 20.

Während verschiedentlich Firmen ihre Tätigkeit aufgeben oder aus steuerpolitischen Gründen in andere Länder der Region ziehen, gibt es einen Bereich, der anziehend auf Investitionen in Kosovo wirkt. In den letzten Jahren schiessen wie Pilze nach dem Regen immer mehr Firmen aus dem Boden, die Telefonanrufe aus oder nach dem Ausland übernehmen, sogenannte Call-Center. In ihnen arbeiten in der Regel junge Frauen und Männer, die gut Deutsch, Französisch oder Englisch können. Bei den Firmen handelt es sich hauptsächlich um Gründungen von jungen Leuten aus der zweiten Generation der Diaspora, oder von Einheimischen, die als Asylbewerber eine Zeit lang in der EU lebten.

Allein unter der Bezeichnung „Call Center“ figurieren beim Handelsministerium Dutzende von Firmen, und es gibt zahlreiche weitere, die die gleiche Tätigkeit ausüben, jedoch unter anderen Bezeichnungen registriert sind, etwa unter „Partnerschaft” oder “Erweiterung des Tätigkeitsfelds“. Nur in Prishtina gibt es rund zwanzig Call-Center. Zudem gibt es auch Telefonzentren ohne staatliche Lizenz, die illegal arbeiten.

– Besitzer eines Call-Centers weist Journalisten ab

Ein solches besuchte auch albinfo.ch, im Komplex Qafa in Prishtina, und wurde vom Besitzer des Zentrums sehr schlecht empfangen. “Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten. Denn ihr Journalisten wollt ja gewöhnlich wissen, ob wir eine Lizenz haben oder nicht”, antwortete der Vertreter dieses Call-Centers und verlangte, dass wir das Büro verliessen.
In einer Antwort, die albinfo.ch zuvor vom Handels- und Industrieministerium erhalten hatte, heisst es, dass sich innert fünfzehn Jahren rund 800 Gesellschaften mit informationstechnologischer Ausrichtung bei besagtem Ministerium eintragen liessen.
Mehdi Pllashniku, Koordinator für praktische Rechtsfragen beim Büro des Handelsregisters von Kosovo (das dem Handels- und Industrieministerium untersteht), sagte, zwischen dem 1. Januar 2000 und dem 12. Januar 2015 hätten sich 791 Geschäfte mit der Haupttätigkeit Werbung (Reklame und Propaganda) eintragen lassen.

Eine neue Firma fordert die Call-Center in Prishtina heraus

Nebst den existierenden Unternehmen gibt es eine neue Firma aus der Schweiz, die sich darauf vorbereitet, nächstens in Kosova zu investieren. Es ist dies die Firma Adarna aus der Schweiz, die anfangs April ihre moderne Filiale im Zentrum von Prishtina eröffnet.

“Seit langem existieren Unternehmen, die in Kosovo Veränderungen herbeiführen möchten. Für gutgebildete und deutschsprechende Albaner in Kosovo eine einmalige Chance, um für ein schweizerisches Unternehmen arbeiten zu können. Adarna bietet verschiedene Arbeitsplätze, wie beispielsweise Arbeit in Administration und Sekretariat, als Kundenberaterin oder auch im Call-Center am Telefon”, heisst es in einer Mitteilung der Firma. Geplant ist, im April dieses Jahres den Betrieb mit etwa vierzehn Personen zu eröffnen und nachher weiter aufzubauen.

Ministerin Bajrami: Wir begrüssen jede Investition, die Arbeitsplätze bringt

Handels- und Industrieministerin Hykmete Bajrami beurteilt diese Art von Investitionen in Kosovo als nützlich, unbesehen dessen, dass ein Teil der Steuern in die Herkunftsländer der Firmen geht. Einzigartig ist, dass in diesen Telefonzentren laut Bajrami tausende junge Kosovaren angestellt sind, was auch den Zielen des Regierungsprogramms betreffend Beschäftigungswachstum entspricht.

„Wir heissen jeden Sektor, der Potential hat, willkommen … Unser grösster Gewinn sind die Arbeitsplätze für die Jungen. So bedeutet ein Call-Center, in welchem über 200 Junge Arbeit finden, dass 200 kosovarische Familien nicht mehr auf Überweisungen aus dem Ausland angewiesen sind”, erklärt die Handels- und Industrieministerin. Und wenn 200 Familien in diesem Bereich Arbeit fänden, gilt es laut Bajrami auch zu bedenken, dass entsprechend viele Jugendliche von negativen Verhaltensweisen abgehalten würden, und gleichzeitig sich die Lebensqualität erhöhe.
„Für uns als Regierung von Kosovo ist es dieser Aspekt, den wir in der jetzigen Phase bei der Entwicklung des Privatsektors im Auge haben müssen. Wir können die Unternehmen mit verschiedenen Steuern belasten, doch dann werden sie in ein anderes Land wegziehen. Wir versuchen, möglichst attraktiv zu sein, und Arbeitsplätze für die Jungen sind das oberste Ziel”, erklärte Ministerin Bajrami.

Im Übrigen bezahlen Call-Center hauptsächlich Gewinnsteuern in ihren Herkunftsländern. Im Dienstleistungssektor müssen sie keine Mehrwertsteuer für den Export, sondern nur Steuern auf den Gewinn für die Arbeit, die sie machen, entrichten.

– Dobruna: Kosova ist ein attraktiver Standort für Call-Center

Kujtim Dobruna ist der Leiter der in Wien ansässigen Wirtschaftsinitiative für Kosovo (ECIKS). Er sagte gegenüber albinfo.ch, Kosovo sei zu einem attraktiven Standort für Investitionen im Bereich der Informationstechnologie geworden, zu welchem auch die Telefon- bzw. sogenannten Call-Center gehören.

“Der Dienstleistungsbereich in der Informationstechnologie war gegenüber der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise nicht immun. Die in diesem Bereich führenden Länder wie Polen, Ungarn und die Tschechische Republik verloren infolge der gestiegenen Kosten für die Arbeitskräfte an Attraktivität , weshalb Länder wie Kosova und jene der Region Westbalkan attraktiver wurden”, erklärte Dobruna.

Laut ihm ist Kosovo wegen seiner demographischen Struktur sowie aus steuerlichen Gründen besonders attraktiv geworden.
“Die junge Bevölkerung, die Kenntnis von Fremdsprachen wie dem Deutschen und dem Englischen, sodann die tiefen operationellen Kosten, die tiefen Lohnkosten, niedrige Steuern, der Euro als offizielle Währung, die kulturelle Nähe zu Westeuropa, die geographische Nähe, die gleiche Zeitzone, das sind einige der Hauptgründe, die Kosovo für Investitionen in diesem Teil des Dienstleistungssektors attraktiv machen”, sagte Dobruna.

In ihrem jüngsten Bericht “Unternehmenstätigkeit 2014” schreibt die Weltbank, Kosovo habe bei der Reform des Geschäftsklimas Fortschritte gemacht, und setzt Kosovo auf Rang 75.

Kosova dringt in den von den ehemals führenden Länder des Sektors verlassenen Markt ein

Dobruna: “Die vormals führenden Länder in diesem Bereich wie Polen, Ungarn und die Tschechische Republik verloren infolge der gestiegenen Kosten für die Arbeitskräfte an Attraktivität, weshalb Länder wie Kosova und jene der Region Westbalkan attraktiver wurden.”