Kosova

Lir Hajrizi, der Pianist, der die Grenzen des Talents überschreitet

Liri beherrscht das Klavier mit Eleganz und begeistert mit seinen eindrucksvollen Auftritten das Publikum. Er ist zudem Gewinner zahlreicher bedeutender Preise.

In der Welt der klassischen Musik, in der Perfektion jahrelange Disziplin erfordert und Hingabe unverzichtbar ist, zeigt Lir Hajrizi trotz seines jungen Alters ein außergewöhnliches Talent. Ruhig, besonnen und auf jedes Detail konzentriert beschreibt er seine Beziehung zum Klavier nicht als Ergebnis einer bewussten Entscheidung, sondern als inneres Gefühl.

„Meine Liebe zum Klavier ist ganz natürlich entstanden, wie etwas, das zu mir kam, ohne dass ich danach gesucht habe“, erzählt Liri und erinnert sich an die ersten Momente, in denen ihm die Klänge des Instruments wie eine eigene Welt erschienen. Schon als Kind hatte er das Gefühl, dass „die Tasten des Klaviers sprechen und Geschichten erzählen, für die es keine Worte braucht“.

Für seine Eltern, die diese frühe Sensibilität aus nächster Nähe miterlebten, war Unterstützung selbstverständlich. Für Liri selbst blieb das erste Sitzen vor einem echten Klavier ein unvergessliches Erlebnis. „Ich weiß nicht warum, aber in diesem Moment spürte ich sofort eine Verbindung, als hätte ich etwas gefunden, das ich gesucht habe, ohne es zu wissen.“

Auf die Frage des Magazins Albinfo.at, warum er sich gerade für das Klavier entschieden habe, beschreibt Liri das Instrument als ein emotionales Universum, das jeden Zuhörer überall auf der Welt berühren kann.

„Das Klavier hat mich angezogen, weil es eine universelle Sprache besitzt. Wenn eine Melodie schön gespielt wird, berührt sie jeden“, erklärt er. Für ihn ist dieses Instrument nicht nur ein musikalisches Objekt, sondern eine Form der wortlosen Kommunikation, ein Raum, in dem Gefühle ihren ehrlichsten Ausdruck finden.

Hervorzuheben ist, dass sich Liris musikalischer Weg heute an der renommierten Musikschule „Prenk Jakova“ in Pristina fortsetzt. Er betrachtet diese Institution als sein zweites Zuhause, als einen Ort, an dem die Klänge der Flure, die Energie der Schülerinnen und Schüler sowie das Engagement der Lehrkräfte seine Kreativität beflügeln.

Seine Klavierlehrerin Pranvera Hoxha hat eine wichtige Rolle in seiner technischen und interpretatorischen Entwicklung gespielt. „Sie hat mir beigebracht, dass Musik nicht nur Technik ist, sondern Gefühl, Interpretation und Seele“, sagt Liri und betont, dass jedes Werk Aufmerksamkeit, Verständnis und Respekt erfordert.

 

Klavier, ein Weg voller Erfolge

Bis heute hat Liri an Wettbewerben und Festivals im Kosovo, in Albanien, Nordmazedonien, Kroatien, Slowenien und Österreich teilgenommen und erste sowie zweite Preise und besondere Anerkennungen gewonnen. Für Liri geht der Wert der Wettbewerbe jedoch weit über Urkunden hinaus.

„Ich sehe Wettbewerbe nicht als einen Kampf gegen andere, sondern als eine Herausforderung an mich selbst“, erklärt er. Die Bühne, die Emotionen vor dem Auftritt, das Zittern der Hände und der Moment, in dem die Musik beginnt, all das ist für ihn jede Vorbereitung wert.

Auch wenn der „International Music Competition“ in Salzburg online stattfand, bleibt dieser Wettbewerb für Lir Hajrizi eine der prägendsten Erfahrungen seiner jungen Karriere. Er erinnert sich an diesen Moment, als stünde er auf einer echten Bühne, vor einem lebendigen Publikum.

„Auch wenn ich nicht physisch in Salzburg war, waren die Emotionen außergewöhnlich, als stünde ich auf einer der bekanntesten Bühnen Europas“, erzählt er. Die Vorbereitung war lang und intensiv, mit ständigen Wiederholungen jedes Details, das den Unterschied machen konnte. „Ich wusste, dass jedes Detail zählte, von der leisesten Dynamik bis zu den emotionalen Höhepunkten.“

Der Tag der Aufnahme der Darbietung in seinem Zimmer wurde zu einem unvergesslichen Moment. Die Kamera wirkte einschüchternd, doch für Liri war sie das Publikum. „Sobald ich zu spielen begann, vergaß ich alles um mich herum. Es war, als würde ich live für sie auftreten“, sagt er. Als die Nachricht über den zweiten Platz eintraf, waren die Gefühle überwältigend. „Ich konnte kaum glauben, dass ein junger Pianist aus dem Kosovo eine solche internationale Anerkennung erhalten kann, ohne physisch auf der Bühne zu stehen.“

Dieser Moment, so Liri, habe seine Überzeugung bestärkt, dass Kunst keine Grenzen kennt. „Wenn man mit Seele spielt, erreicht die Musik überall. Das ist ihre größte Kraft.“

Nur wenige Monate nach Salzburg erzielte Liri zudem einen weiteren außergewöhnlichen Erfolg, den ersten Preis beim Wettbewerb „The Young Pianist“, bei dem ihn die Jury mit der Höchstpunktzahl von 100 Punkten bewertete, eine Seltenheit in der klassischen Musik. „Das ist ein Moment, den ich nie vergessen werde“, erzählt er.

Die Säulen des Erfolgs Familie, Lehrkräfte, Freunde

Für einen jungen Menschen, der zwischen den Anforderungen der Kunst und dem Alltag aufwächst, weiß Liri sehr gut, dass niemand allein ans Ziel kommt. Mit besonderer Dankbarkeit spricht er über seine Familie, die er als „Motor des Weges“ bezeichnet.

„Meine Eltern haben an mich geglaubt, selbst dann, wenn ich selbst gezweifelt habe“, sagt er. Sie waren bei jedem Wettbewerb, jeder Probe und jeder späten Übungsnacht an seiner Seite. Ihre Opfer, so betont er, sind der wichtigste Grund, warum er weiter voranschreitet.

Die Lehrkräfte sind die zweite wichtige Säule. „Sie lehren mich nicht nur die Noten. Sie zeigen mir, wie man Seele gibt und wie man auf der Bühne an sich selbst glaubt.“

Die Freunde, die ihn unterstützen, auch wenn sie nicht Teil der Musikwelt sind, geben ihm die Energie seines Alters. „Sie machen den Weg schöner. Neben der Musik habe ich auch eine Kindheit“, sagt er mit einem Lächeln.

Die Inspirationen eines jungen Pianisten

Auf die Frage, welche Werke und Komponisten er besonders gerne spielt, sagt Liri, dass “Beethoven eine Kraft, einen Charakter und eine Art von Mut besitzt, die mich als Pianisten herausfordern”. Er gibt zu, dass gerade die energiegeladene Musik des deutschen Genies ihn noch stärker an das Klavier gebunden hat. Für ihn steht Beethoven für Inspiration durch Stärke und Entschlossenheit, während Chopin eine ganz andere Welt darstellt. “Wenn ich Chopin spiele, habe ich das Gefühl, meine eigene Geschichte zu erzählen, nicht seine”, berichtet er und bezeichnet die Musik des polnischen Komponisten als ein inneres Tagebuch der Gefühle.

Zwischen diesen beiden Polen steht Mozart für reine Eleganz. “Er besitzt eine Einfachheit, die in Wahrheit sehr schwer zu erreichen ist. Mozart lehrt Disziplin und Balance.”

Unter den großen Interpreten, die Liri mit besonderer Aufmerksamkeit studiert, befindet sich Evgeny Kissin. Er beschreibt ihn mit aufrichtiger Bewunderung und schätzt ihn nicht nur wegen seiner brillanten Technik, sondern auch wegen seiner künstlerischen Haltung.

“Kissin sucht nicht die Aufmerksamkeit, er sucht die Musik. Jede seiner Noten ist klar, durchdacht und tief empfunden.”

Ein Traum, der im Kosovo beginnt und internationale Bühnen anstrebt

Liris Ambitionen enden nicht an den Grenzen seines Landes. Er sieht seine Zukunft an renommierten Musikakademien in Europa, etwa in Österreich, Deutschland und Italien, dort, wo die klassische Musik entstanden ist und sich entwickelt hat. “Allein der Gedanke, mich in denselben Räumen aufzuhalten, in denen Mozart oder Beethoven studiert haben, begeistert mich”, erzählt er.

Ein Studium im Ausland betrachtet er nicht nur als persönlichen Traum, sondern auch als wichtige Mission. Er möchte, dass sein Talent zu einer Erfolgsgeschichte wird, die Kosovo auf der kulturellen Landkarte sichtbar macht. “Ich möchte der Welt zeigen, dass auch Kinder aus unseren Ländern viel erreichen können, wenn man ihnen die Chance gibt”, sagt er.

Liris Botschaft an Kinder, die von Musik träumen, und zu den Feiertagen

“Etwas Neues zu beginnen bringt immer eine gewisse Unsicherheit mit sich, doch Antworten kommen erst, wenn man den Mut hat anzufangen.” Liri beschreibt Musik als eine Freundin, die einen langsam wachsen lässt, Geduld lehrt und die Schönheit kleiner, täglicher Fortschritte zeigt. Er weiß, dass die ersten Töne oft unsicher sind, doch das hat ihn nie davon abgehalten, weiterzumachen.

Deshalb rät er Kindern, sich nicht vor den Hindernissen zu fürchten, die vor ihnen liegen. “Seht ein Hindernis nicht als Mauer, sondern als Herausforderung, die euch stärker macht.” Für ihn belohnt die Musik jede Anstrengung mit einem neuen Gefühl oder einer neuen Freude. Und vor allem erinnert er daran, dass jeder große Weg mit einem kleinen Schritt beginnt.

“Wartet nicht auf den perfekten Moment. Beginnt heute, denn jedes Konzert, jeder Traum beginnt mit einer Note”, betont er.

Auch das Jahresende sieht Liri als ideale Zeit für Reflexion, Dankbarkeit und Nähe zu den Menschen, die wir lieben. “Die Familie ist das größte Geschenk, das wir haben können. Ein Lächeln, ein freundliches Wort, eine Umarmung, all das kann die Welt verändern”, schließt Liri lächelnd, berichtet Albinfo.at.