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Nationalrat Alfred Heer: Wir werden Schweizer Investoren nach Kosovo bringen

albinfo.ch bringt das erste exklusive Interview mit Nationalrat Alfred Heer, dem Initianten für die Gründung der Handelskammer Schweiz-Kosova, und mit dem Präsidenten der Kammer, Musa Komani

Alfred Heer, Nationalrat der rechten Partei SVP, ist Mitbegründer der Handelskammer Schweiz-Kosovo und ein Freund der Albaner, und er engagiert sich, Schweizer Investoren nach Kosovo zu bringen. Zusammen mit seinem Freund, dem Präsidenten der Handelskammer, Musa Komani, arbeitet er Projekte zur Intensivierung der Zusammenarbeit im Bereich des Handels zwischen der Schweiz und Kosovo aus.

Ihre Initiative erhielt anlässlich der Einweihung der Kammer am 15.Mai in Zürich den Segen der höchsten schweizerischen und kosovarischen politischen Ebenen. Drei Wochen nach der offiziellen Bekanntmachung der Gründung der Handelskammer hat albinfo.ch ein Interview mit Nationalrat Alfred Heer, dem Initiator, und dem Präsidenten der Kammer, Musa Komani, geführt.

Ihr erstes Engagement gilt der Suche von Schweizer Investoren für den Bau eines Wärmekraftwerks zur Energieproduktion. Sie erwarten von der Schweiz, dass sie den Bau des neuen Wärmekraftwerks mit 80 Millionen unterstützt.

Albinfo.ch: Sie erhielten bei der Einweihung der Handelskammer Schweiz-Kosova breite Unterstützung. Das zeigt unter anderem, dass auch die Erwartungen, vor allem von kosovarischer Seite, gross sind. Was verfolgen Sie für eine Arbeitsstrategie?

Alfred Herr: Die Gründung ist ein Erfolg. Unser erstes Ziel ist, Mitglieder zu gewinnen, und natürlich sind die Erwartungen hoch. Doch wir haben gute Projekte, und nach gemeinsamen Gesprächen mit dem Wirtschaftsminister (gemeint ist Valdrin Lluka) werden wir uns in einem ersten Schritt darum bemühen, die Finanzierung der Thermozentrale, die neu für die Produktion von Energie gebaut wird, zu sichern. Ein Teil davon sollte durch die Schweiz finanziert werden, mit Garantie der Schweizer Exportrisikoversicherung, mit ungefähr 80 Millionen Franken. Ich werde mich nun als Politiker und Schweizer Parlamentarier dafür einsetzen, dass dieses für Kosovo wichtige Projekt realisiert wird. Die Weltbank gibt kein Geld, weil es Energie ist, die aus Kohle produziert wird und die Umwelt verschmutzt, indessen besitzt Kosovo grosse Kohlevorkommen und das ist die beste Alternative zur Energiesicherung. Das wird unser erster Schritt sein.

Musa Komani: Die Handelskammer Schweiz-Kosova wurde ausserordentlich gut aufgenommen. Es gab positive Reaktionen. Ich erhielt Glückwünsche von Geschäftsleuten und Politikern aus beiden Staaten. Das heisst, am besten aufgenommen wurde sie hier von den Schweizer Investoren, die noch Reserven haben, um in Kosova zu investieren. Durch die Handelskammer Schweiz-Kosova werden sie bei der Realisierung gegenseitiger Projekte mehr Sicherheit haben. Wir unterstützen sie, indem wir ihnen auch Sicherheit garantieren. Das ist die Unterstützung für die Schweizer Investoren, während Kosova eher wirtschaftlich profitieren wird, von der wirtschaftlichen Stärke der Schweiz. Sofort nach der Gründung setzten wir uns für eine Beschleunigung der Annahme des Sozialabkommens Schweiz-Kosova ein. Das ist das erste Resultat der Handelskammer Schweiz-Kosova.

Albinfo.ch: Haben Sie in dieser Richtung etwas Konkretes unternommen?

Alfred Heer: Ja, zuerst habe ich mit unserem Minister Parmelin gesprochen, es gibt eine Versicherung, die das Exportrisiko abdeckt, die erwähnte Schweizerische Exportrisikoversicherung. Ebenso sind wir im Kontakt mit dem kosovarischen Wirtschaftsminister und anderen, bei welchen wir Möglichkeiten zum Voranbringen dieses Projekts sehen.

Musa Komani: Wir arbeiten daran, dass die ersten Projekte Schweiz-Kosovo so schnell wie möglich konkretisiert werden, damit die Jungen nicht das Land verlassen. Mithilfe der Schweiz werden Arbeitsplätze geschaffen werden. In Kosovo fehlen weiterhin Berufsschulen,  die für die Jungen die einfachste Möglichkeit für eine Anstellung sind. Wir setzen uns dafür ein, dass die Schulen, die in Kosovo nach Schweizer Modell eröffnet werden sollen, in der Schweiz anerkannt werden. In der ersten Phase sind Berufsschulen als Projekt der Handelskammer Schweiz-Kosovo geplant, natürlich mit schweizerischen Investitionen.

Albinfo.ch: Haben Sie die Zusammenarbeit im Bereich Handel zwischen der Schweiz und Kosova sowie die Möglichkeit des Handelsaustausches im Hinblick auf einen bestimmten Sektor analysiert?

Alfred Heer: Das ist das Erste, das wir tun wollen. Das Problem ist, dass in Kosovo praktisch alles importiert wird. Kosovo hat keine eigene Industrie oder nur sehr wenig. Das einzige was es gibt ist das Baugewerbe, das bei den Kosovaren der Diaspora blüht, die sich dort Häuser bauen, und die Infrastruktur, die mit den Autobahnen gebaut wird. Ernsthaft, wir müssen uns konzentrieren und mit dem Baugewerbe reden. Herr Bigler war bei der Einweihung der Kammer ebenfalls anwesend und er ist der Direktor des Schweizerischen Gewerbeverbandes. Wir möchten ein Austauschprogramm zwischen der Schweiz und Kosovo auf die Beine stellen, mit welchem die Kosovaren zur Berufsausbildung in der Landwirtschaft oder im Bau in die Schweiz kommen könnten, aber auch in der Pflege oder z.Bsp. in der Informatik. So möchten wir eine Ausbildungsplattform für junge kosovarische Fachleute aufbauen.

Albinfo.ch: Das Schweizer Parlament hat diese Woche das Rentenabkommen mit Kosova mit 115 Ja gegen 60 Nein bei 2 Enthaltungen gutgeheissen. SVP-Nationalrat Raymond Clottu beantragte im Namen seiner Fraktion die Ablehnung des Abkommens. Wieviel Unterstützung erhalten Sie bei Ihren Parteigenossen, angesichts deren Haltung gegenüber Kosova?

Alfred Heer: Wir haben die Kammer nicht für die SVP gegründet, wir taten das für Kosovo und die Schweiz, für die Freundschaft und für die Zukunft Kosovos und der Schweiz. Ich habe für die Annahme gestimmt. Die Handelskammer ist vor allem eine überparteiliche Organisation.

Musa Komani: In der Handelskammer Schweiz-Kosova haben wir die Politik hinter uns gelassen, hier geht es nur um Wirtschaft. Wir sind offen für alle Geschäftsleute, sie sollen ihre Ideen und ihre Projekte bringen.

Albinfo.ch: Spüren Sie Druck von Ihren Kollegen der SVP?

Alfred Heer: Nein, überhaupt nicht. Ich habe immer gemacht was ich wollte. Wenn ich von einer Idee überzeugt bin, dann mache ich es. Es ist nicht so, dass die SVP dagegen ist, wir sind eine Partei pro Industrialisierung der Wirtschaft und die Mehrheit der Kosovaren ist ebenfalls im Baugewerbe aktiv. Doch Sie haben Recht, ein Teil der SVP hat Vorbehalte. Doch das interessiert mich nicht. Wir müssen vorwärts schauen. Kosovo ist nicht mehr wie vor zwanzig Jahren, es hat eine gute und qualifizierte Jugend, die positive Veränderungen bewirken will, und diesen Prozess müssen wir unterstützen. Wir können nicht immer von der Vergangenheit reden, wie schlecht sie war, sondern wir sollten vorwärts schauen.

Albinfo.ch: Sind Sie registriert bei den staatlichen Schweizer Behörden?

Alfred Heer: Ja, wir haben die Kammer in Zürich und in der ganzen Schweiz als Gesellschaft mit Statuten und allen andern Unterlagen eingetragen.

Albinfo.ch: Sie sagten, die Idee zur Gründung der Handelskammer zwischen Kosova und der Schweiz sei aus der Freundschaft zwischen Ihnen und Herrn Komani entstanden. Um was für eine Freundschaft geht es?

Alfred Heer: Ja, aber ich kenne noch viele andere Albaner, nicht nur Herrn Komani. Es gibt viele Albaner, es gibt kein Vorbeikommen an ihnen (lacht). Ich kenne viele Fussballer und andere aus meinem Alltag.

Musa Komani: Die Idee kam nach Besprechungen mit meinem Freund Alfred Heer, mit welchem ich seit einigen Jahren befreundet bin. Er sagte mir, was mehr getan werden könnte für die Entwicklung Kosovos und so kamen wir überein, die Handelskammer Schweiz-Kosovo zu bilden. Nach Besuchen vor Ort in Kosovo kam es zur Einweihung dieser wirtschaftlichen Organisation in Gegenwart auch der höchsten staatlichen Instanzen der Schweiz und Kosovos. Bei der Umsetzung des Projektes hat uns auch das Kosovarische Konsulat in Zürich unterstützt.

Albinfo.ch: Wo sehen Sie das Potential für Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Kosova? Haben Sie bis jetzt etwas in diese Richtung unternommen?

Alfred Heer: In der Qualifizierung oder beidseitigen Ausbildung als eine Art Austausch für die Jungen und natürlich bei Investitionen. Die Schweizer Firmen sollen in Kosovo investieren, und wir müssen uns unbedingt darum kümmern, was wir aus Kosovo importieren können.

Musa Komani: Die Eröffnung von Berufsschulen, wobei der Mangel an Deponien für Abfallrecycling  eine noch unmittelbarere Herausforderung ist. Die Umwelt ist in keinem guten Zustand, und das Abwassersystem ebenfalls nicht. Viele Schweizer Firmen sind interessiert, in Kosova zu investieren, doch sie brauchen auch Sicherheit. Jetzt haben sie es einfacher, wo sie über die Handelskammer Schweiz-Kosova nach Kosova kommen können. Jetzt haben wir ringsum grosse Firmen, die sich der Kammer angeschlossen haben, doch ich Musa Komani werde ohne weitere Firmen nicht im Stande sein, die Projekte voranzubringen.

Albinfo.ch: Nach der Einweihung der Handelskammer in Zürich letzten Monat gab es eine Reaktion des Präsidenten der Wirtschaftskammer Schweiz-Kosova, Stefan Sarkany, der die Gründung der Handelskammer als Konkurrenz zur eigenen Initiative beurteilte. Was sagen Sie dazu?

Alfred Heer: Für uns ist das keine Konkurrenz, wir können zusammenarbeiten, und wenn er die welsche Schweiz abdecken möchte, sind wir bereit zur Zusammenarbeit. Doch wir müssen mit ihm sprechen und schauen wie weiter. Mit den Ministern Parmelin und Lluka erhielten wir eine breite Unterstützung, und ein breites Spektrum anderer Politiker aus der Schweiz und aus Kosovo nahm an der Einweihung der Handelskammer teil.