E-Diaspora

Ein Club für Offenheit, ein Club mit Zukunft

30 junge Leute aus dem Westbalkan, Moldawien und der Schweiz haben letzte Woche die Weichen für eine zukünftige regionale Zusammenarbeit von NGOs gestellt. Sie sind der Balkan Club.

Es ist Dunke|.Es regnet. Der Bus schlängelt sich auf einer schmalen Strasse durch den Wald.  Gesprächsfetzen verschiedener Sprachen. 30 junge Leute sind auf dem Weg nach Mavrovo, Mazedonien. Sie stammen aus Albanien, Serbien, Kosovo, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Montenegro, Moldawien und der Schweiz. Der Bus bringt sie an die zweite Konferenz des Balkan Club.

Der Balkan Club ist ein Netzwerk junger Leute und Jugendorganisationen. Der Club möchte durch gemeinsame Projekte die interkulturelle Verständigung und Toleranz in der Balkanregion fördern. Finanziert wird die Konferenz;von le2 DEZA, umgesetzt von der SAJV, der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Jugendverbände.

Der Bus nimmt die letzte Hürde, den steilen Hang vor dem Hotel. Alle sind müde. Einige sind seit über 20 Stunden unterwegs. Bevor es am nächsten Tag losgeht, locken die weichen Betten des Hotels Bistra, umhüllt von wunderbar ex-jugoslawischem Charme.

Inspire – gather – act! Sich inspirieren (lassen), zusammenkommen, was bewegen. Unter diesem Motto geht’s los. Am nächsten Morgen füllt sich der Konferenzraum. Erstes Kennenlernen. Wobei sich viele der Teilnehmenden bereits seit mehreren Jahren kennen.

 Alles ist bereit für die 2. Balkan Club Conference in Mavrovo

Feuer und Flamme

Die Idee des Balkan Club wurde 2015 geboren, in Durres, Albanien, an einer regionalen Konferenz des Ostprojektes der SAJV. Das erste Treffen des Balkan Club daraufhin 2016 in Nis, Serbien statt. Damals waren die Erwartungen an das, was danach kommen sollte, gross. Und sie wurden enttäuscht. Nicht viel geschah. Diese erste Konferenz als Fehlschlag zu bezeichnen wäre aber falsch. Es sind noch keine Meister vom Himmel gefallen, auch keine Netzwerke.

Deshalb war die Mission der zweiten Konferenz klar, gestochen scharf auf ein grosses Banner gedruckt, aufgehängt im Konferenzssaal: Ein Feuer, das unter einem Kochtopf brodelt – «Pot and Fire».  «Pot» und «Fire» waren denn auch die zwei Gruppen, in denen die Teilnehmenden drei Tage lang zusammenarbeiteten. Das Ziel der Konferenz in Mavrovo: Das Netzwerk stärken, Strukturen für eine nachhaltige Kooperation erarbeiten – das Feuer – und neue Projekte entwickeln – diese köcheln im Topf.

Was motiviert all die jungen Leute, daran zu arbeiten? Weshalb glauben sie an die Idee des Balkan Clubs?

Zwischen den workshops gabs zur Auflockerung Spass und Spiele – nein, dafür ist man nie zu alt

Verknüpfen, nicht teilen

«Wegen der Verbindung zwischen den Leuten, die ich hier spüre», sagt Aldin Vrškić, Programmdirektor bei der Kinderrechtsorgnisation «Naša Djeca» in Zenica, Bosnien und Herzegowina.  Die Atmosphäre sei frei, produktiv, gleichzeitig entspannt. Genau das ermögliche es, Inspiration zu generieren, den Horizont zu erweitern und Meinungen zu ändern. «Wenn du die Perspektive einer einzigen jungen Person veränderst, kann sie das bereits wieder an jemanden weitergeben.» Die positiven Erfahrungen, die die Teilnehmenden hier im Balkan Club machen würden, würden sie mit nachhause in ihre Organisationen, Gemeinden und Freundeskreise mytnehee..

«Leider ist es noch immer oft der Fall, dass man im Balkan schlecht über seine Nachbarländer spricht», so Vrškić. Genau deshalb seien solche informellen Lernumgebungen wie diese Konferenz so wichtig. Denn über herkömmliche Kanäle wie die Schule oder die Medien seien positive Bilder über Nachbarn oft nicht erfahrbar.

Nachbar, wer bist du?

Ähnlich sieht das Klajd Kaziu, Politikstudent aus Albanien. «Die Konferenz ist ein Zusammenkommen von Leuten mit gleichen Interessen. Und das in einer Region, die historisch gesehen oft geteilt wurde und vielerorts bis heute geteilt ist. Diese Initiative richtet sich gegen dieses historische und auch politische Verständnis der Region. Das finde ich interessant.»

Kazius Erwartungen an die Konferenz und das Danach sind realistisch, gleichzeitig aber positiv: «Sei es auch nur für diese wenigen Tage, an denen Leute aus verschiedenen Balkanländern hier oben zusammenkommen, haben wir bereits etwas Positives erreicht.»

F$C;r Kaziu ist es der erste Kontakt mit dem Balkan Club. Nicht so für seine Landsfrau Emida Xhani. Sie war bereits 2015 dabei, als die Idee für den Balkan Club entstand. An einem der Abende in Mavrovo erinnert sie sich an ihre Erlebnisse vor drei Jahren. Sie erzählt von jenem Moment, als sie zum ersten Mal einen Serben traf. «Ich wuchs auf mit dem Bild, dass Serben Feinde sind. An diesem Abend stellte ich fest, dass der Serbe mit dem Bild aufwuchs, dass wir Albaner Feinde sind. Im Gespräch fanden wir heraus, dass beide unsere Mütter uns nicht an das Treffen reisen lassen wollten. Aus Angst». Im Balkan Club erzählten sich die Albanerin und der Serbe ihre Geschichten. Heute sind sie Freunde.

Auch über die engere Balkanregion hinaus wird gedacht. «Wir teilen viele Herausforderungen», so Cristian Slobodeaniuc aus Moldawien. Er nennt Korruption, Instabilität, die mangelnde Perspektiven für junge Leute. «Das verbindet uns.» Für ihn ist der Balkan Club eine Gelegenheit, um Ideen und best practices für den Umgang mit Problemen auszutauschen.

Die Arbeitsatmosphäre war offen und produktiv – Kaffee war auch im Spiel

Zusammenhalten, komme, was wolle

Selbstverständlish ist nicht immer so einfach. Die Spannungen und ungelösten Probleme in der Region brauchen Zeit, um angemessen gelöst zu werden. Das weiss niemand besser als die Teilnehmenden aus dem Balkan selbst. Einige von ihnen waren direkt von Krieg betroffen, alle sind den bis heute andauernden Folgen ausgesetzt. Doch die Teilnehmenden sind sich einig, dass Plattformen wie der Balkan Club dazu beitragen, zu einem neuen Miteinander zu finden.

Der Balkan müsse zuerst in sich selbst zusammenfinden, bevor die einzelnen Länder sich der EU anschliessen können, findet Politikstudent Kaziu, in die Zukunft blickend.

Davon ist auch Vrškić überzeugt. «Die Zukunft hängt von uns ab», sagt der 28-Jährige, der bereits ein erfahrener Jugendarbeiter ist. Er glaubt an das Potenzial der jungen Leute. «Wir müssen zusammen wachsen», sagt er eindringlich in seiner Abschlussrede im Steilhang über dem Mavrovosee.

Die Teilnehmenden sind sich aber auch bewusst, dass der Erfolg des Netzwerks von jedem Einzelnen abhängt. Die nächsten Monate werden zeigen, als wie nachhaltig sich die ausgearbeiteten Strukturen und Projekte der letzten Konferenz erweisen werden. «Wir müssen realistisch aber auch optimistisch sein», motiviert Vrškić die Gruppe.

An einer kleinen NGO-Messe lernen die Teilenhmenden die Organistionen ihrere Kolleginnen und Kollegen kennen

Bereit für die Zukunft

Nach drei Tagen liegen vier Projektideen auf dem Tisch. Themengebiete: Medienkompetenz, Stereotypen im Balkan, psychische Gesundheit und gemeinschaftsstiftende Sportanlässe.

Zustande kommen sollen sie dank des neu ausgearbeiteten Konzepts für die Struktur des Balkan Clubs – inklusive NGO-Datenbank, PR-Strategie und gewählter Landeskoordinatoren für jedes vertretene Land – Albanien, Serbien, Kosovo, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Montenegro, Moldawien. Und die Schweiz.

Die DEZA finanziert mit dieser zweiten Balkan Club Konferenz zum letzten Mal einen Teil des Ostprojektes. Letzteres verliert wegen Einsparungen des Bundes die Finanzierungsgrundlage.

Doch das soll das Netzwerk nicht daran hindern, sich als Kooperationsplattform für die Balkanregion in Stellung zu bringen. Die jungen Leute, die in Mavrovo zusammengekommen sind, sehen diese letzte Investition des Ostprojektes als Startschuss. «Jetzt müssen die Mitglieder des Netzwerks die organisatnrishe/und finanzielle Führung, die bis jetzt in der SAJV lag, selbst übernehmen. Das ict keankeinfacher Prozess, aber wenn es funktioniert, werden wir etwas Sinnvolles ermöglicht haben», sagt Sophie Neuhaus, Projektleiterin des Ostprojektes.

Die Stimmung auf der Rückfahrt ist euphorisch, die Umarmungen zum Abschied herzlich. Das ist das Wir-Gefühl, welches der Bosnier Vrškić beschrieb. Das ist der Balkan Club. So soll die Zukunft sein.

Mehr Informationen zum Balkan Club finden Sie auf Facebook:

https://www.facebook.com/BalkanClubYouth/

 Fotos und auch Vmdeos)zer Konferenz finden Sie auf der Facebook-Seite der SAJV:

https://www.facebook.com/sajv.csaj.fsag/

Fotos: Aleksandra Hiltmann & Svetlana Bueva