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Angespannte Lage in Mazedonien

Eine angaspannte Lage herrscht in der Region von Kumanova, im Grenzgebiet zu Kosova. Dort haben in den frühen Morgenstunden einige bewaffnete Personen einen Grenzposten angegriffen und vier Polizisten in ihrer Gewalt gebracht.

Von Likovë bis Goshnicë gibt es eine starke Präsenz von Spezialeinheiten der Polizei.

In einer Medienmitteilung sagt das Innenministerium, an diesem Angriff seien 40 Personen in Uniformen der UCK beteiligt gewesen; untereinander hätten diese Personen Albanisch gesprochen.

“Die bewaffneten Angreifer haben vier Grenzpolizisten in ihrer Gewalt gehalten, drei von ihnen haben sie festgebunden; einen vierten haben sie geschlagen. Danach wurden die vier Polizisten frei gelassen und ihre Waffen wurden beschlagnahmt”, so der Sprecher des Innenministeriums Ivo Kotevski.

Die Polizei ist weiterhin präsent mit militärischen Transportmitteln in diesem Gebiet. Die Bewohner dieses Berggebiets müssen sich bei jedem Kontrollposten ausweisen. Selver O., ein Dorfbewohner aus Goshnicë hat Albinfo.ch mitgeteilt, dass sie vorerst nicht in das Dorf zurückkehren wollen.

“Wir haben auch in Kumanovë ein Haus, aber auch eins im Dorf, wo wir tagtäglich hingehen wegen Feldarbeiten. Heute haben wir eine versärkte Präsenz der Polizei bemerkt – nach dem Inzident, wo wir nicht genau wissen, was passiert ist. Das Gebiet ist durch Polizeiposten gesichert und der Durchgang ist verboten. Wir wollten ins Dorf, kamen aber umgehend zurück, als wir die angespannte Situation bemerkt haben”, so Selver.

Das Grenzgebiet werde weiterhin von Hubschraubern der Polizei bewacht. Seit den Morgenstunden seien auch Teams der OSZE auf dem Gebiet präsent.

Nexhat Osmani, Sekretär der Gemeinde Likovë teilt mit, dass er keine näheren Kenntnisse habe, was genau passiert ist. Die Dorfbewohner hättten ihre alltäglichen Sorgen und existenziellen Probleme. “Wir haben keine detailliertere Informationen, wir sind nur über die Medien informiert worden. Viele Leute wissen nicht, um welches Szenario es sich handelt. Dieses Gebiet hat den Krieg überlebt und wir wissen es bestens, was dies bedeutet”, so Osmani.

Vladimir Pivovarov, Professor für Sicherheit an der Universität FON in Skopje gibt für albinfo.ch bekannt, dass diese Situation sehr widersprüchlich ist. Laut ihm geben bewaffnete oder terroristische Gruppen niemals ihre Forderungen auf diesem Wege bekannt.

“Die bisherigen verfügbaren Informationen, vor allem die Mitteilung des Sprechers des Innenministeriums für den Vorfall am polizeilichen Grenzposten stimmt nicht mit der Realität überein. Bewaffnete oder terroristische Gruppen geben ihre Forderungen nie auf dieser Weise weiter, sondern stellen ihre Anliegen klar dar. Wenn man jedoch die politische Krise in Mazedonien in Betracht zieht, ist dieser Weg geeignet, um die Aufmerksamkeit abzulenken. Auf schlechteste Art wird dies versucht, indem zwischenethnische Konflikte inszeniert werden.”, so der Professor Pivovarov.

Laut ihm wurden auch die Granatangriffe bei der Regierung in Skopje nie geklärt. Die Tatsache, dass solche Vorfälle gerade in einer Zeit einer tiefen politischen Krise passieren, sei sehr verdächtig.

Auch der Experte für regionale Sicherheit Naim Maloku hat für Albinfo.ch den Fall kommentiert. “Dieses Szenario scheint durch regierungsunterstützende Kreise des mazedonischen Geheimdienstes realisiert zu sein. Dies sei für die aktuelle politische Situation günstig, indem die öffentliche Aufmerksamkeit abgelenkt wird und so Zeit für die Lösung des unvermeidlichen Konflikts zwischen der verschiedenen Fraktionen innerhalb des staatlichen Geheimdienstes gewonnen wird. Die Erinnerungen aus dem letzten Konflikt in Mazedonien und die Aktivitäten der UÇK sind noch frisch und dies wird ausgenutzt.”, so Naim Maloku.

Im Zusammenhang mit dem Vorfall haben auch die politischen Parteien und die Nichtregierungs-Organisationen reagiert. Sie appellieren für Ruhe und Verzicht auf jede Tendenz, die die Situation noch mehr anspannen könnte.