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Werden die heutigen Wahlen einen albanisch-stämmigen Nationalrat hervorbringen?

Rund 30 Schweizer-AlbanerInnen stehen heute zur Wahl. Wird einer/eine die nötigen Hürden überwinden?

Wie niemals zuvor sind die heutigen Nationalratswahlen Teil der Agenda der albanischen Gemeinde in der Schweiz geworden – falls sie eine Agenda hat.

Die Teilnahme der albanisch-sprachigen Kandidaten und Kandidatinnen bei den Nationalratswahlen sollte eigentlich keine Überraschung sein, wenn man weiss, dass es in der Schweiz schon lange eine grosse albanische Gemeinde gibt. Doch eine Reihe von Faktoren haben dazu geführt, dass diese Teilnahme noch nicht in dem Masse konsolidiert ist, wie man es von solch einer grossen Gemeinde erwartet hätte. Doch dies ist ein Thema für sich.

Die Teilnahme der albanisch-sprachigen Kandidatinnen und Kandidaten an den Wahlen ist auch in der breiten Schweizer Öffentlichkeit zum Thema geworden – als ein Phänomen mit neuem Ausmaße.

Rund 30 albanisch-sprachige Kandidatinnen und Kandidaten stehen heute zur Wahl für einen Sitz im Nationalrat – und sie sind Teil des gesamten relevanten politischen Spektrums der Schweiz. Es gibt allerdings einen qualitativen Unterschied der Teilnahme und zwei Neuigkeiten bei der Artikulierung von politischen Ambitionen. Die erste ist die Aufstellung auf der Liste der CVP von Kandidaten der LDK und PSHDK – rund 15 Kandidatinnen und Kandidaten haben diesen Weg gewählt. Als Teil einer solchen Zusammenarbeit haben sie sicher eine infrastrukturelle Unterstützung schon seit Beginn des Wahlkampfes.

Die zweite Neuigkeit ist der starke Wahlkampf des SP-Kandidaten Arbër Bullakaj in St.Gallen durch einen hauptsächlich albanisch-sprechenden Wahlkampfteam. Das Wahlkampfteam von Bullakaj besteht aus Unterstützern unterschiedlicher politischer Einstellung, die das gemeinsame Ziel haben, Arbër Bullakaj den Weg in den Nationalrat zu ebnen. Im Team von Bullakaj finden sch Vertreter der Ableger der kosovarischen LPK und LDK – sie haben die politischen Feindseligkeiten hinter sich gelassen, um Arbër Bullakaj zu unterstützen. Auch wenn Bullakaj es nicht in den Nationalrat schaffen sollte, allein der Zusammenschluss seines Wahlkampfteams ist eine erfrischende Erfahrung, die sich nachzuahmen lohnt.

In Anbetracht der Erfahrung und Netzwerkes in den jeweiligen politischen Kreisen kann man davon ausgehen, dass Arbër Bullakaj in St.Gallen und Ylfete Fanaj in Luzern (beide SP) in der Lage sind, eine beträchtliche Anzahl von Stimmen zu erhalten – dies gilt auch für die “albanischen Stimmen”. Doch dies muss man in Relation zur Stärke anderer Parteien in den beiden Kantonen sehen. In Luzern beispielsweise hat die SP nicht mehr als einen Vertreter nach Bern schicken können. Aus dieser Perspektive gesehen ist die SP der CVP unterlegen. Die Tatsache, dass Fanaj Vorsitzende der SP-Fraktion im Kantonsparlament ist, kann ihr gewisse Vorteile bei der heutigen Wahl bringen.

Für Arbër Bullakaj in St.Gallen ist die Situation leicht besser – die SP in St.Gallen hat bisher zwei Nationalräte nach Bern geschickt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Arbër Bullakaj einer der beiden Nationalräte ist, ist allerdings nicht so hoch. Jedoch sagt eine Klausel, dass die Partei, die bei den Wahlen den höchsten Zuwachs an Stimmen hat, einen Dritten Nationalrat aufstellen kann. In diesem Fall sind die Chancen für Arbër Bullakaj gar nicht so schlecht, glaubt man in seinem Wahlkampfteam.

Wie sieht es für die anderen albanisch-stammenden Kandidatinnen und Kandidaten aus? Die meisten von ihnen kommen von der CVP (rund 15) und der SP (rund 10), eine kleinere Anzahl aus der FDP und auch von der GLP.

Die Kandidatinnen und Kandidaten der CVP haben sicher die bessere Infrastruktur der Partei. Doch die meisten von ihnen stellen sich zum ersten Mal zur Wahl, haben also keine aussagekräftige und überzeugende Wahlkampferfahrung. Allerdings kann die Teilnahme bei diesen Wahlen den Weg für viele Kandidatinnen und Kandidaten für künftige Wahlen ebnen. Denn dies ist schliesslich die Essenz des politischen Engagements: die Ebnung des Erfolges, für den man lange Wege gehen muss und einen langen Atem braucht.